András Gromon

Wie entstand der Osterglaube ?

 

 

Es lohnt sich, einmal anhand der Auferstehungsberichte der Evangelien darüber nachzudenken, wie der Osterglaube der Apostel und der Urkirche wohl entstanden ist.

Wenn man die offizielle Lehre der Kirche annimmt, gibt es kein Problem, die Frage ist gar keine Frage, und wenn sie trotzdem gestellt wird, ist die Antwort denkbar einfach: Gott kann alles, für ihn ist die Auferweckung eines Verstorbenen kein Problem.

Wer sich aber nicht damit abfindet, blind für wahr zu halten und dafür einzustehen, dass hier eine Leiche im Gegensatz zur (gewohnten) Ordnung der Schöpfung "aufsteht" und sich zu einem geistigen Gebilde wandelt, das imstande ist, sich nach Belieben in dieser und in der jenseitigen Welt zu bewegen, das willkürlich unsichtbar oder sichtbar wird und wenn nötig, sich betasten lässt (Lk 24,39: "Fasst mich doch an! Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht") und am Ende zwischen Wolken schwebend in den Himmel fährt (Lk 24,51; Apg 1,11) — für den ist die Frage trotzdem sinnvoll: Wie ist der Osterglaube der Urkirche entstanden?

So viel steht fest: nach der Kreuzigung Jesu musste sich etwas Ungewöhnliches, Außerordentliches ereignet haben. Es ist nämlich nach einigen Wochen an der gleichen Stelle, wo Jesus als Irrlehrer hingerichtet wurde, die "Urkirche" entstanden, und zwar aus Juden, die Jesus trotz seiner Kreuzigung als Messias verehrt haben, obwohl sie früher überzeugt waren, dass der Messias nicht leiden kann (vgl. Mt 16,22). Dieses ungewöhnliche und außerordentliche Ereignis konnte nur das sein, was wir mit den Worten meinen: Jesus ist auferstanden. Aber was bedeutet diese Auferstehung? (Also nicht die Auferstehung der Toten allgemein!...)

Die modernen Theologen lösen das Problem verhältnismäßig einfach: entweder haben die Apostel Visionen gehabt, in denen ihnen Jesus als der Auferstandene erschien, oder in inneren, psychischen Vorgängen ist in ihnen der Glaube an die Auferstehung Jesu entstanden (z. B. "Gott konnte diesen großen Propheten nicht im Stich lassen, also muss er leben, also muss er auferstanden sein"; oder sie haben ihre schweren Gewissensbisse über ihren Verrat kompensiert: "Sicher lebt er") — und dann haben sie ihren Glauben in entsprechende Geschichten gekleidet.

Diese Erklärungen kann man nicht ausschließen, aber sie werfen weitere, sehr gewichtige Probleme auf: a) Eine ganze Menge betrifft das, was geschehen ist: Wozu erfand man die Frauen, die nach jüdischem Recht als Zeugen nicht in Frage kamen, die als Erste die Osterbotschaft hörten und den Auferstandenen sahen? Wozu erfand man ein leeres Grab und ein reiches Mitglied des Hohen Rates als seinen Besitzer, so dass die Zweifelnden nachforschen konnten? Wozu erfand man das "Wegtragen" des Körpers (Joh 20,13.15) anstatt von triumphalem Weggehen oder gar Wegfliegen zu reden? Wozu erfand man einen jungen Mann (Mk 16,5) statt eines Engels (Mt 28,2)? Wozu ließ man den Auferstandenen essen und trinken, sogar gebratenen Fisch essen, wenn dies den Zweifelnden keine Hilfe sein konnte (Lk 24,42-43; Apg 10,41)? Warum erschien der Auferstandene immer geheim, "sich versteckend", wenn er doch "glorreich" auferstanden ist und keine Bedrohung mehr fürchten kann? Und warum erfand man nicht Wundertaten des Auferstandenen? — b) Es ist zwar nicht unmöglich, aber psychologisch ziemlich problematisch, mit einem derartigen "Osterglauben" , wie die Theologen ihn voraussetzen, aufzutreten, und erst recht für diesen Glauben sich Verfolgung und Tod, oder auch nur ihrer Gefahr auszusetzen. — c) Es ist beinahe unmöglich, mit einem so entstandenen Glauben den anderen Zeugen der Ereignisse oder auch nur einfachen Zeitgenossen entgegen zu treten, wo man einerseits nicht "von weit her kommend" sagen kann, was man will, und andererseits nicht mit einer andächtigen Zuhörerschaft zu tun hat, die auf Grund des kirchlichen Glaubens sowieso weiß, wie die Dinge stehen, oder mindestens bereit ist, die Äußerung eines Lehramtes anzunehmen, sondern um bodenständige Menschen, für die es zweifelhaft ist, ob es Auferstehung überhaupt gibt, und die deshalb jederzeit zurückfragen konnten: "Sag mal Petrus, hast du es wirklich gesehen oder hast du geträumt oder gar eine Vision gehabt?", und die in den letzteren Fällen kaum begeistert den Glauben an die Auferstehung Jesu angenommen hätten.

Eine realistische und annehmbare Erklärung wäre dagegen diese: Jesus ist am Kreuz nicht gestorben; er kam im Grab wieder zu sich; Josef aus Arimathäa hat ihn mitgenommen und versteckt; er erholte sich dank der sorgsamen Pflege; die Apostel trafen ihn, sahen und betasteten ihn, aßen und tranken mit ihm zusammen (Apg 10,41). Wenn sie dies alles erlebt haben, konnten sie getrost auftreten mit der Nachricht seiner "Auferstehung".

Einige Einzelheiten, die glaubhaft machen, dass Jesus seine Hinrichtung überleben konnte: er hat nicht tagelang am Kreuz gelitten, sondern wurde wegen dem Nahen des Sabbats bald abgenommen; seine Beine wurden nicht zerschlagen, was sonst im Fall der Eile Brauch war; es gab jemanden, der (wegen seiner Stellung) von Pilatus die Herausgabe des Leichnams erwirken konnte, der sonst in eine Grube von hingerichteten Verbrechern geworfen worden wäre; Pilatus gab den Leichnam heraus, obwohl er dazu nicht verpflichtet war und dies ein Risiko bedeutet hat; Jesus wurde nicht in die Erde begraben, sondern in ein Felsengrab; es gab keine Zeit, ihn zu waschen und ordnungsgemäß zu bestatten, denn sonst wäre er wie eine Mumie eingewickelt worden, und das Grab wäre bis zur nächsten Bestattung nicht mehr geöffnet worden; der Stich mit der Lanze musste nicht notwendig lebenswichtige Organe treffen, wie auch der Evangelist Johannes nur von der Öffnung der "Seite" Jesu spricht (19,33).

Hier kommt es aber nicht darauf an, ob so etwas möglich ist, sondern nur darauf, wenn so etwas geschieht, wenn dieser natürliche Vorgang abläuft, warum erzählen ihn die Apostel nicht genau so, und warum reden sie von der "Auferweckung". Vor dem Versuch einer Antwort bedenken wir noch zwei Dinge!

Das Eine: Es gibt Hinweise darauf, dass die Apostel wirklich so gedacht und sogar so gesprochen haben, dass Jesus nicht gestorben und auferstanden ist, sondern der eben erwähnte natürliche Prozess abgelaufen ist: a) In der ersten und glaubwürdigen Nachricht (obwohl es sich um Frauen handelt, aber dies ist der Ausgangspunkt des Osterglaubens) steht nicht, dass Jesus "auferstanden ist" (anesté) oder dass "Gott ihn auferweckt hat" (anestésen), sondern dass er "aufgeweckt, aufgerichtet wurde, aufgewacht ist, zu sich kam" (égerthé: Mk 16,6), und das gleiche Wort (égeiren) benutzte Petrus nach der Apostelgeschichte im Haus des Kornelius: "Gott hat ihn aufgeweckt, aufgerichtet" (10,40; s. auch 13,30.37) — obwohl Apg, und darin auch Petrus, auch den Ausdruck "auferweckt" benützen, vgl. 2,24.32; 10,41; 13,34). — b) Die erste öffentliche Rede des Petrus (Apg 2,22-36) weist ziemlich eindeutig darauf hin, dass Jesus nicht gestorben ist: "Ihr habt ihn ... ans Kreuz geschlagen. Gott aber hat ihn von den Wehen des Todes befreiend (aor. part.) auferweckt ... Er gibt ihn nicht der Unterwelt preis, und sein Leib schaut die Verwesung nicht" (2,24.27.31), d. h. das Anheften ans Kreuz hat sein Ziel, die Tötung Jesu, nicht erreicht, denn Gott hat ihn "auferweckt", ihn von den "Geburtswehen" des Todes, die gewöhnlich zum Tod führen, befreiend, diese Wehen auflösend (d. h. dadurch, dass er sie beendet hat); genau so klar ist: "er gibt ihn nicht der Unterwelt preis", läßt ihn nicht in den Hades, d. h. in das Reich der Toten, fallen; dasselbe bedeutet auch: "sein Leib schaut die Verwesung nicht", zerfällt nicht, erfährt nicht den endgültigen Tod.

Das Andere: Wenn jemand irgendetwas erzählt oder sogar deutet, tut es immer innerhalb und mit Hilfe eines "Paradigmas", eines Erklärungs- und Mitteilungsmusters (ob er dessen bewusst ist oder nicht); ein solches Paradigma setzt sich aus vielen Faktoren zusammen, von ihnen sind aber zwei besonders wichtig: der Eine ist das Weltbild (oder Naturauffassung, vielleicht etwas vereinfacht: die naturwissenschaftlichen Kenntnisse) des betreffenden Menschen (und des betreffenden Zeitalters), der Zweite ist seine Weltanschauung, näher seine (philosophische und) theologische Auffassung (noch konkreter: seine Dogmatik); diese beiden fallen manchmal zusammen. Einfach gesagt: Jeder erzählt und deutet ein Ereignis danach, "mit welcher (ideologischen) Brille er es sieht" (die meisten Menschen sind sich dieser Brille nicht bewusst, und wenn jemand sich ihrer auch bewusst ist und sie "abnehmen" will, d. h. objektiv sein will, gelingt es ihm nur bis zu einer bestimmten Grenze).

Schauen wir also jetzt, warum die Apostel trotzdem von der "Auferweckung" Jesu gesprochen haben, obwohl sie, wie man voraussetzen kann, wussten, dass er "nur" wieder zu sich kam?!

Nach der allgemeinen Denkweise (Paradigma) der Juden stand hinter jedem Phänomen und Ereignis der Welt Gott als direkte Ursache: Er "bewegt" alles, Er verfügt alles (auch wenn dies nicht unbedingt als physikalische Verursachung verstanden werden muss); s. z. B. die Beschreibungen im Alten Testament, nach denen "der Herr schickte den Ostwind" (Ex 10,13), "der Herr brachte das Lager der Ägypter in Verwirrung, hemmte die Räder an ihren Wagen" (Ex 14,24-25), "der Herr warf Wachteln auf das Lager" (Num 11,31); vielleicht zeigt sich auch in dieser oder jener Aussage Jesu diese Weltsicht: "Kein Spatz fällt zur Erde ohne den Willen eures Vaters" (Mt 10,29); oder: Gott ernährt die Vögel und kleidet das Gras (Mt 6,26.30). Wenn also die Apostel auch wussten und dachten, dass Jesus am Kreuz nicht gestorben, sondern nur scheintot (im Koma) war und dass er später im Grab nicht auferstand, sondern nur zu sich kam (égerthé, "aufgewacht ist"), auch dann konnten sie selbstverständlich (nach ihrem unbewussten Paradigma!) und mit gutem Gewissen sagen, dass "Gott ihn auferweckt hat".

Und noch mehr! Sie haben, nicht nur wegen der allgemeinen Auffassung und Redeweise, aus zwei Gründen ein "gesteigertes Recht" gehabt so zu sprechen: a) Eine Kreuzigung zu überleben war ein ganz außergewöhnliches, seltenes, um nicht zu sagen einmaliges Ereignis (obwohl Josephus Flavius solche Fälle erwähnt), sie haben also (innerhalb ihres Paradigmas) zu Recht von einem "gesteigerten" göttlichen Eingriff sprechen können. — b) Sich ebenfalls auf eine allgemeine jüdische Auffassung stützend konnten sie im Überleben Jesu ein "Beweiswunder" (direkten göttlichen Eingriff) sehen, sie konnten es so sehen, dass Gott diesem unschuldigen Propheten (Messias?) gegenüber seinen Feinden Recht gegeben hat (sie konnten darin also ein "Gottesurteil" erblicken gegenüber dem Urteil des hoch geachteten Hohen Rates).

Aber auch wenn die Apostel nicht gedacht hätten, dass Jesus nur scheintot war, und deshalb die oben zitierten Texte (Mk 16,6; Apg 2,24.31; 10,40) so zu verstehen wären, dass sie vom echten Tod und Auferweckung reden, auch das wäre kein entscheidender Beweis für einen wirklichen Tod und Auferstehung Jesu, denn die biologischen und ärztlichen Kenntnisse waren in der damaligen Zeit sehr primitiv, und deshalb ist es nicht selbstverständlich,, dass sie den Eintritt des Todes sicher feststellen konnten, besonders in der "Hetze" des Karfreitages. (Das Gleiche gilt auch vom Soldaten, der in die Seite Jesu stach oder vom Hauptmann, der die Hinrichtung leitete; vgl. auch die Geschichte von der Tochter des Jairus: einige kommen und sagen, "sie ist gestorben", Jesus sagt, "sie schläft nur", Mk 5,35.39). Es konnte leicht passieren, dass sie Jesus nur für tot gehalten haben, ihm dann körperlich begegnet sind (nur in diesem Fall konnte Petrus ohne Lüge sagen: "Wir haben mit ihm nach seiner Auferstehung gegessen und getrunken", Apg 10,41), und was in der Zwischenzeit geschehen ist, konnten sie (ihrem jüdischen Paradigma entsprechend) nicht anders deuten und aussprechen, als dass "Gott Jesus von den Toten auferweckt hat". (Im Übrigen wurden auch noch in Ungarn des 20. Jahrhunderts Scheintote beerdigt im Glauben, dass sie wirklich gestorben waren!)

Ob die erste oder die zweite Erklärung (Paradigmen-Denken oder mangelhafte ärztliche Kenntnisse) zutrifft, wir dürfen nicht den Fehler machen, das vor 2000 Jahren im jüdischen Paradigma Gesagte wortwörtlich in unser heutiges europäisches Paradigma zu übernehmen, anstatt den Sinn des damaligen Textes in unser heutiges Paradigma und in die entsprechende Sprache zu "übersetzen". Wenn wir das trotzdem tun, begehen wir den gleichen Fehler, als wenn wir die Schöpfungsgeschichte in sechs Tagen wortwörtlich (und als Dogma!) übernehmen wollten. In diesem Fall wird die Zeit kommen, in der man uns dafür genau so belächelt, wie wir unsere gar nicht so entfernte Vorfahren belächeln...

Außerdem: Ob die erste oder ob die zweite Erklärung des Auferstehungsglaubens der Urkirche zutrifft, müssen wir noch einen weiteren, wichtigen Gesichtspunkt bedenken: Auch hier war ein (im Übrigen allgemein verbreitetes) religionsgeschichtliches Phänomen am Werk, nämlich der den Prozess der Überlieferung begleitende (mit der Zeit immer stärker wuchernde!) Prozess der Legendenbildung, der eine weitestgehende christologische Tendenz bedeutet (aus Jesus dem "Menschensohn" macht man Christus den "Gottessohn", aus einem Menschen Gott). Ein Ergebnis oder Ausdruck dieses Prozesses, dass man das ursprünglich "natürliche" (= in die Ordnung der Schöpfung passende), ohne Wunder geschehene, wenngleich zweifellos außerordentliche Osterereignis (ein Mensch überlebt die Kreuzigung) massiv zu einem über-natürlichen Wunder "verbessert" (genauer: aufbläst). Hier sind drei Beispiele, um dies zu zeigen: 1) Bei Markus sehen wir, dass die am Sonntag Morgen zum Grab eilende Frauen nur so viel sehen, dass der Stein vom Eingang des Grabes weggewälzt war (16,4), von einer Wache am Grab ist aber keine Rede; bei Matthäus entsteht ein gewaltiges Erdbeben, ein Engel des Herrn kommt vom Himmel herab, wälzt den Stein weg (seine Gestalt leuchtet wie ein Blitz, sein Gewand ist weiß wie Schnee), und die Wächter erschrecken sich zu Tode (28,2-3); bei Lukas stehen bereits zwei Männer (Engel) in leuchtenden Gewändern, und die Frauen erschrecken und blicken zu Boden (24,4). — 2) Markus nennt die im Grab sitzende und Information gebende Gestalt "einen jungen Mann" (16,5; neaniskos wird im ganzen Neuen Testament nur in diesem Sinn gebraucht: Mt 19,20.22; Mk 14,51; Lk 7,14; Apg 2,17; 5,10; 23,18-22; 1Jn 2,13); Matthäus macht aus dem "jungen Mann" einen "Engel" (angelos, 28,2), Lukas "zwei Männer" (24,4), aber sie tragen leuchtende Gewänder und sind deshalb ebenfalls als Engel zu erkennen (Lk deutet sie in 24,23 selber im diesem Sinne und Joh 20,12 nennt sie auch so). — 3) Was mit Jesus geschehen ist, nennt Markus égerthé (16,6): "wurde aufgeweckt, wachte auf, kam zu sich"; Matthäus schreibt bereits, égerthé "von den Toten" und dazu "wie er gesagt hat" (28,66-67). — Dieser Prozess der Wunderproduktion hat die ursprünglichen Ereignisse mit der Zeit völlig durchgewebt und unkenntlich gemacht. Die späteren Zeiten aber haben alles als bare Münze genommen...

Es würde eine eigene Studie beanspruchen zu zeigen, warum und wie der Glaube des Paulus über die Auferstehung Jesu entstanden ist, warum er gerade so geworden ist und warum er alle anderen Inhalte der Lehre beiseite geschoben hat. Es könnte dann Gegenstand einer weiteren Studie sein, warum die Urkirche den Glauben des Paulus sich zu eigen gemacht hat, und warum im Glaubensbekenntnis der Kirche "gestorben und auferstanden" wesentlich ist, während die Lehre und die Taten Jesu mit keinem Wort erwähnt werden...

Dies alles ist freilich für das Wesentliche ziemlich gleichgültig: Die Lehre Jesu (zusammengefasst in Mt 7,12 oder Mt 22,37-40) bleibt richtig, ob er gestorben und auferstanden ist oder nicht (wie auch allgemein Auferstehung und ewiges Leben der Menschen nicht davon abhängig sind, ob Jesus am Karfreitag gestorben und am Ostersonntag auferstanden ist) — denn es ist lediglich die (völlig unbegründete) private Meinung des Paulus, dass unser Glaube "sinnlos ist" und wir sind "immer noch in unseren Sünden", "wenn Christus nicht auferweckt worden ist" (1Kor 15,14.17); dieser Paulus hat ja Jesus und seine Lehre nicht gekannt und zeigte auch kein Interesse, sie gründlich kennen zu lernen ("Ich ging nicht sogleich nach Jerusalem hinauf", "Drei Jahre später ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennen zu lernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm", Gal 1,17-18; "Vierzehn Jahre später ging ich wieder nach Jerusalem", Gal 2,1), dafür baute er seine ganze Theologie auf das "Damaskus-Ereignis" ("Das Evangelium, das ich verkündigt habe, stammt nicht von Menschen; ich habe es ja ... durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen", Gal 1,11-12).

Es stimmt zwar, dass später, ähnlich wie Paulus, auch Matthäus Jesus einen Wunderbeweis in den Mund gelegt hat, und zwar in Form einer Weissagung, was man auch als doppelten Wunderbeweis bezeichnen könnte: "Wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird auch der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Inneren der Erde sein" (12,40). (Im Text des Markus 8,11-13, der als Parallelstelle bezeichnet werden kann, wird Jona nicht einmal erwähnt, und in der Version des Lukas 11,29-32 kann man die Predigt des Jona selbst als das erwähnte "Zeichen" ansehen.)

Jesus selber hat jedenfalls den Wunsch nach Beweiswundern immer zurückgewiesen (s. bereits Mt 4,1-11 par); er hat diejenigen, die nur auf Grund solcher Wunder ihm oder Gott glauben wollten, "böse und treulose Generation" genannt (Mt 16,4; Lk 11,29); einmal hat er ihnen auch mitgeteilt, dass sie "keinerlei Zeichen" erhalten und ließ sie einfach stehen (Mk 8,12-13). Es waren nach übereinstimmendem Zeugnis der Evangelien seine Gegner und Feinde (und völlig verständnislose Verwandte, Joh 7,3-5), die vom ihm solches verlangten, sogar in der letzten Stunde: "Er soll doch jetzt vom Kreuz herabsteigen, damit wir sehen und glauben" (Mk 1,32).

Wer aber offene Augen und ein reines Herz hat, braucht keinerlei "Auferstehungsbeweise", um in der Lehre Jesu Gottes Botschaft zu erkennen und in seine Nachfolge zu treten...

(1998)

 

 

 

 

András Gromon

Der Auferstehungsglaube des Paulus

 

 

Wie kam Paulus zum Glauben an die Auferstehung Jesu, und warum hat dieser Glaube für ihn alles andere beiseite geschoben? Um diese Frage zu beantworten, müsste man ganze (teils theologische, teils psychologische) Bücher schreiben. Aber selbst wenn jemand im Besitz aller erreichbaren Informationen wäre, müsste seine Antwort mangelhaft und unsicher bleiben, denn die zwei entscheidenden Punkte kann man nicht mit Sicherheit klären, nämlich was mit ihm vor Damaskus und was während seines dreijährigen Aufenthaltes in Arabien (Gal 1,17-18) geschehen ist, obwohl dies der Schlüssel zum Verständnis des späteren Paulus wäre. Das Folgende ist deshalb nur als tastende, hypothetische Annäherung zu verstehen.

Eine gute Zusammenfassung des Glaubens des Paulus über die Auferstehung Jesu bietet das 1. Korintherbrief (1,3): "Ich habe euch (das Evangelium) überliefert, was auch ich empfangen habe." Dazu ergeben sich zwei wichtige Fragen: Worin besteht dieses Evangelium? Von wem und wie hat er es empfangen?

Zur ersten Frage bemerken wir nur so viel: dieses Evangelium, "das ich verkündigt habe" (Gal 1,11), ist klar ausgesprochen "sein Evangelium" (er sagt weder "das Evangelium Jesu", noch "das Evangelium Gottes", noch "das von Petrus und den anderen verkündigte Evangelium"...), dessen Kern ist, dass die Erlösung bzw. Rechtfertigung durch den Kreuzestod und die Auferstehung Christi stattgefunden hat (ich brauche kaum zu erwähnen, dass dies mit dem Inhalt des von Jesus verkündeten Evangeliums nichts zu tun hat).

Auf die zweite Frage können wir nur antworten, wenn wir klären, was für Paulus der Begriff "empfangen" (paralambanein) bedeutet hat. Dies erklärt seine Äußerung: "Das Evangelium, das ich verkündigt habe, stammt nicht von Menschen; ich habe es ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen (Gal 1,11-12). Darin zeigt sich, dass er, wie er es selber zugibt, die wichtigsten Punkte seines Evangeliums (en protois, 1Kor 15,3) nicht aus der kirchlichen Überlieferung gelernt, sondern durch eine "Offenbarung" erfahren hat (wie problematisch wir so etwas auch halten). Dies bestätigt er auch dadurch, dass er erklärt: nach seinem Erlebnis bei Damaskus ging er nicht nach Jerusalem und "zog keinen Menschen zu Rate" (Gal 1,16-17). — Schauen wir nach, was hat er außerdem "empfangen"!? Nach 1Kor 11,23-25 die Einsetzungsworte der Eucharistie: "Jesus nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet ... er nahm auch den Kelch ...". In 1Kor 9,14 sagt er: "So hat auch der Herr denen, die das Evangelium verkündigen, geboten, vom Evangelium zu leben" (obwohl der Herr das Gegenteil geboten hat: "Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben", Mt 10,8). Nach 1Kor 14,37: ist es "ein Gebot des Herrn", dass "die Frauen in der Versammlung schweigen sollen"; was zwar nicht stimmt, aber "wenn einer meint, Prophet zu sein oder geisterfüllt, soll er in dem, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn erkennen", das heißt, ein "Gebot Jesu" kann nur durch "prophetische Erleuchtung" erkannt werden. In 1Thess 4,15-17 behauptet er: "Dies sagen wir euch nach einem Wort des Herrn: Wir, die Lebenden, die noch übrig sind, wenn der Herr kommt, werden den Verstorbenen nichts voraus haben", obwohl Jesus desgleichen nicht verkündet hat.

Zusammenfassend: Es handelt sich hier um lauter Angaben, die Paulus in Gemeinden der Urkirche hören konnte; auch wenn er gleichzeitig glatt bestreitet, von Menschen irgend etwas gelernt zu haben; was er unseres Erachtens so verstehen konnte, dass er zwar durch menschliche Vermittlung, aber vom Herrn "empfangen hat", was er sagte; aber das würde seinem Grundsatz widersprechen, den er in Gal 1,20 sogar mit einem Eid bekräftigt hat, dass er nicht durch menschliche Vermittler empfangen hat, was er empfangen hat, sondern allein vom himmlischen Christus, durch eine direkte Offenbarung. Da es aber durchaus problematisch ist (teils in psychologischer Hinsicht: wie kommt jemand durch Visionen zu so konkreten und für ihn neuen Inhalten, teils in inhaltlicher Hinsicht: wie konnte der himmlische Christus sich anders äußern als der irdische Jesus? Hat er etwas vergessen? Hat er etwas abgeändert...?), dass er solche Angaben vom himmlischen Christus erhalten hätte, scheint uns eine einzige Erklärung übrig zu bleiben: Was Paulus an Jesusüberlieferungen irgendwo (durch einzelne Personen oder Gemeinden) gehört hat, wurde für ihn "gültig" als Kenntnis des Herrn, wenn es vom himmlischen Christus charismatisch (= durch eine Vision) bestätigt bzw. richtig gedeutet wurde (Beispiele: "dieser Kelch ist der neue Bund" — bei Paulus "in meinem Blut", 1Kor 11,25; ähnlich die Erlösungslehre "Christus ist gestorben" — bei Paulus "für unsere Sünden" und "gemäß der Schrift"; er "ist auferstanden" — bei Paulus ebenfalls "gemäß der Schrift", 1Kor 15,3-4; dann fügt er noch das charismatische Pfingstereignis (das er als "Erscheinung" deutet: "Danach erschien er mehr als 500 Brüdern zugleich") sowie die Jakobus-Legende hinzu, 1Kor 15,6-7).

Auch der Glaube an die Auferstehung Jesu war bei Paulus in einem charismatischen (also inneren) Erlebnis begründet, nämlich im "Ereignis vor Damaskus" (Apg Kap. 9. 22. 26): Saul, der kommt, um die Anhänger Jesu in Damaskus zu verhaften, "erscheint" "der auferstandene Christus" und fragt, warum er ihn verfolgt, sagt ihm: "Es wird dir schwer fallen, gegen den Stachel auszuschlagen", dann beauftragt ihn, "Apostel der Heiden" zu werden.

Was durch ein solches Erlebnis möglich ist, möchte ich nicht entscheiden, da es kaum entschieden werden kann. Was wahrscheinlich geschehen ist, kann man psychologisch folgendermaßen rekonstruieren: 1. Paulus wusste, dass Jesus gekreuzigt wurde, konnte auch darüber hören, dass seine Anhänger seine Auferstehung behaupten, war aber selber überzeugt, dass Jesus durch die Kreuzigung gestorben war. 2. Paulus verfolgte die Anhänger Jesu (den Stephanus, Apg 7,58; 8,1 — die anderen in Jerusalem, Apg 9,1 — als Absicht in Damaskus, Apg 9,1-2); vielleicht war ihm dabei schon klar, dass er in den Anhängern Jesus selbst verfolgt. 3. In seiner "Erleuchtung" vor dem Tor von Damaskus reifte sein bisheriger Gedanke, "ich verfolge — den unschuldigen? — Jesus", zu quälenden Gewissensbissen ("Saul, Saul, warum verfolgst du mich?"), und er hat in dieser Gewissensqual zugleich die Gewissheit erlebt, dass dieser Jesus als "Wirklichkeit" existiert, da er sonst keine Gewissensbisse verursachen könnte. 4. Aus dieser doppelten inneren Erfahrung entstand die naheliegende Folgerung (die freilich nicht unbedingt auf der Ebene der Logik entstand, sondern auch einfach die "andere Seite" der entstandenen Einsicht oder Intuition sein konnte), dass Jesus lebt. 5. Da aber für Paulus fest stand, dass Jesus in Folge der Kreuzigung gestorben war, konnte er nicht anders denken (und konnte wegen dem vorausgegangenen Erlebnis nichts anderes als Gewissheit erleben), als dass Jesus auferstanden war. 6. Diese Folgerung bzw. diese subjektive Gewissheit wurde erleichtert, als wahrscheinlich, sogar als gewiss bestätigt durch das Wissen: die Christen verkünden die Auferstehung Jesu. So konnte in Paulus als "Aha-Erlebnis", das immer und notwendig subjektiv ist, der "Groschen fallen": "Es ist doch so, wie erzählt wird!" 7. Die fanatische Persönlichkeitsstruktur des Paulus (vgl. Gal 1,14; Apg 22,3-4; 26,5.11) legt es nahe, dass er ab jetzt mit der gleichen Leidenschaftlichkeit behauptet und verbreitet, dass Jesus auferstanden ist und lebt, mit der er früher "Jesus" verfolgt hat, und dass er jetzt genau so alle zur Hölle verwünscht, die etwas anderes verkünden als er (s. Gal 1,8).

Dies allein wäre schon genug, um zu erklären, warum die Auferstehung Jesu für Paulus zum ersten und alles Andere verdrängenden Inhalt des "Evangeliums" wurde; aber es gibt noch zwei weitere Faktoren (die allerdings nicht das Zustandekommen dieses Glaubens erklären, wohl aber, dass dieser Inhalt auf Kosten aller anderen stark geworden ist).

Der Eine: Für Paulus war die Auferstehung Jesu von den Toten deshalb theologisch unerlässlich, weil er gemeint hat, dass nur unsere mystische Vereinigung mit dem als Versöhnungsopfer getöteten, aber dann auferstandenen Christus unsere Auferstehung und volle Erlösung ermöglicht (vgl. z. B. Röm 3,24-25; 5,17-20; Eph 2,4-7; 1Kor 15,14.17). Wir brauchen gar nicht zu erwähnen, dass dies alles nichts zu tun hat mit dem "irdischen Jesus", der gelehrt hat, dass Gott ohne Bedingung jedem verzeiht, der umzukehren bereit ist, und der den "Menschensohn", d. h. den Menschen, also jeden, "nach drei Tagen" auferweckt (Mk 8,31), weil er "kein Gott von Toten, sondern von Lebenden ist".

Der Andere: Für Paulus war die Auferstehung Jesu und seine eigene "Begegnung mit dem auferstandenen Christus" psychologisch unerlässlich, weil er nur damit nachweisen konnte (oder zu können glaubte), dass er ein mit den Zwölf gleichrangiger Apostel war, obwohl er Jesus (und seine Lehre) nicht gekannt und sogar verfolgt hat. Er konnte sich von diesem Zwang der Selbstrechtfertigung niemals befreien: Den Römern schrieb er, "ich schäme mich des Evangeliums nicht", das "die Gerechtigkeit Gottes offenbart aus Glauben zum Glauben" (1,16-17). Den Galatern beteuerte er von sich: "Paulus, zum Apostel berufen, nicht von Menschen (im Plural: nicht von den zwölf Ur-Aposteln) oder durch einen Menschen (im Singular: nicht vom irdischen Jesus), sondern von dem von den Toten auferweckten Jesus Christus" (1,1). Den Korinthern aber argumentierte er so: "Bin ich nicht ein Apostel? Habe ich nicht Jesus, unseren Herrn gesehen?... Wenn ich für andere kein Apostel bin, bin ich es doch für euch" (1Kor 9,1-2). — Wie es scheint, hatte er ständig Angst, dass man nicht auf ihn hört und ihn nicht ernst nimmt, wenn er nicht beweisen kann, dass er Apostel ist! Deshalb ist er nicht einmal davor zurückgeschreckt, das eigene, charismatische (innere!) "(Jesus-)Sehen" (heoraka, 1Kor 9,1) dem anders gearteten, nämlich normal-physikalischen (Jesus-)Sehen des Petrus und der Zwölf (vgl. "mit ihm gegessen und getrunken", Apg 10,41), bzw. das normale Sehen des Petrus und der Zwölf mit der eigenen Vision (ophthe, 1Kor 15,5.8: "erschien dem Kephas, ... erschien auch mir") gleich zu setzen, obwohl er den irdischen Jesus nicht gekannt hat (vgl. Gal 1,1). Wie hätte er denn feststellen können, dass diese zwei Weisen zu "Sehen" (oder auch die Lehre des irdischen Jesus und die Offenbarung des himmlischen Christus) einander gleichen? Es ist aber wesentlich, dass Paulus ausschließlich durch seine eigene, (bei Damaskus und vermutlich auch später erlebte) persönliche und charismatische Erfahrung seine apostolische Sendung und Autorität begründen konnte.

Dieses Verhalten des Paulus, dessen weiterer Ausdruck und Folge war, dass er gar nichts von denen zu lernen bereit war (Gal 1,16-17), mit denen "der Herr Jesus ein und aus ging" (Apg 1,21), war, freundlich gesagt, ohne jede Bescheidenheit. Dies allein wäre nicht sehr schlimm, aber eine wirkliche Tragödie, die Tragödie der ganzen Menschheit ist, dass der "wirkliche Jesus" beiseite geschoben wurde, damit die Meinung des Paulus über Jesus, seine unzertrennbare Lehre über die Erlösung und die Auferstehung für die ganze Christenheit zum zentralen Dogma und ausschließlichem Maßstab wurde. Schauen wir uns einige Beispiele dieser tragischen Wirkungen an.

Entscheidend und allein selig machend wurde der Glaube an Christus als den gestorbenen und auferstandenen Erlöser, während das Leben nach der Lehre Jesu im Wesentlichen seine Bedeutung verloren hat, wenn auch nicht prinzipiell, doch auf jeden Fall praktisch und in vollem Ausmaß. István Jánosy hat diese Tatsache in seinem Gedicht "Frage — Antwort" genial beschrieben: "— Und was geschieht mit dir am Sonntag? / — Sie drehen meinen Glauben um! / Sie sagen: ich bin nicht nur Mensch, / sondern Gott. Ich bin erschienen / die Welt zu erlösen. / Sie sagen: nicht durch einen Vater kam ich, / sondern durch eine Taube, und mit einem Leib verkleidet / bin ich auferstanden und in den Himmel gefahren, / sitze zur Rechten Gottes. / So spinnen sie einen Traum über mich, / und meine wach ausgesprochenen Worte / vom Nicht-Töten, Nicht-Schaden, / haben sie hinter ihren Rücken geworfen, den Segen / erwartend, dass "mein Kreuzestod / die Welt erlöst hat"! / Wer mordet, wer dem Geld dient / wer den Schwachen ausbeutet, / den sprechen sie los: "Mein Tod / hat sie von allen Sünden freigewaschen".

Weiter: Nicht das Leben nach der Lehre Jesu, sondern die Sakramente wurden entscheidend und das Heil bringend; denn "die Sakramente der Kirche vermitteln die Gnade des Heils", das Jesus durch Kreuzestod und Auferstehung erworben hat, und wer nicht zu den Sakramenten geht, schließt sich (ipso facto!) aus dem Heil aus, er exkommuniziert sich gleichsam selber... Heute ist natürlich nicht mehr schicklich, dies auszusprechen, aber es ist vielleicht praktisch immer noch die herrschende "kirchliche" Auffassung. Und wenn es auch nicht so wäre: es hat genug Schaden verursacht in den vergangenen zweitausend Jahren. Die diesbezüglichen Dogmen sind ja noch nicht zurückgenommen, also nach wie vor maßgebend!

Weiter: Nicht das Leben nach der Lehre Jesu, sondern die Hierarchie wurde entscheidend und das Heil bringend; denn wenn es wahr ist, dass Jesus Christus die einzige Verkörperung und authentische Vertretung Gottes ist, und dass der Glaube an Christus Bedingung des Heils ist, dann liegt es auf der Hand, dass jeder verpflichtet ist sich denen zu unterwerfen, die Jesus zu "seinen Nachfolgern" bestimmt hat, dem Petrus, den Zwölf und ihren Nachfolgern — und wer sich gegen sie auflehnt, lehnt sich gegen Gott auf, auch wenn er dem Leben Jesu sonst noch so treu nachfolgt... (So entstand dann die aus Klerikern und Laien bestehende zwei-Klassen-Kirche, in der notwendiger Weise der Klerus herrscht, wo die Laien notwendiger Weise zweit- oder drittrangige Wesen sind und die Mission im Keime erstickt...)

Schließlich noch ein Beispiel dafür, wie die ausschließliche Geltung der paulinischen Erlösungslehre die ganze menschliche Geschichte in tragischer Weise geformt hat. Ohne diese Lehre wäre die Christenheit vielleicht nicht aus dem Judentum ausgeschieden, denn am Anfang war praktisch der einzige Unterschied, dass die "Christen" (= Jesus nachfolgende Juden!) Jesus als den Erlöser, d. h. Messias bekannt haben und die Juden nicht. Aber auch wenn die Christen sich von den Juden getrennt haben, wäre höchst wahrscheinlich nicht der mörderische Gegensatz entstanden, der christliche Antisemitismus und seine Wirkungen. — In der Tat ist er aber "notwendiger Weise" entstanden, weil der "Gottesmord" der Juden irgendwie zu vergelten war! Denn die Wurzel und die theologische Begründung des Antisemitismus ist schon im Neuen Testament selbst zu finden: Ihr habt Jesus "... verraten und vor Pilatus verleugnet, obwohl dieser entschieden hatte, ihn frei zu lassen... Den Urheber des Lebens habt ihr getötet" (Apg 3,13-15); "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!" (Mt 27,25); Die Juden "haben sogar Jesus, den Herrn und die Propheten getötet... Sie missfallen Gott und sind Feinde aller Menschen... der ganze Zorn ist schon über sie gekommen" (1Thess 2,15-16). — Origenes konnte bereits sagen: "das Blut Jesu klebt nicht nur an seinen Zeitgenossen, sondern an allen künftigen jüdischen Generationen". Mittelalterliche Päpste waren die ersten, die die Juden zum Tragen des "gelben Sternes" verpflichtet haben; Luther hat den Antisemitismus des Paulus und des Johannes (vgl. Joh 8,44) wieder erweckt; am Ende hat Hitler sich auf Luther berufen: "Er war ein großer Mann... Er hat die Juden so gesehen, wie wir sie heute zu sehen beginnen."

So führt der Auferstehungsglaube des Paulus gerade zu den Konzentrationslagern eines Hitlers (und ähnlich Stalins). Und zum modernen Atheismus.

Es ist auf jeden Fall eine Tatsache: Gott liess es geschehen. Und er lässt es geschehen...

(1998)

Übersetzung aus dem Ungarischen: Peter Sárdy

 

Anschrift: András Gromon

Kápolna u. 10.

Pilisvörösvár

H — 2085