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Schöffengrund, den 22. Juni 1999


Liebe Freundinnen und Freunde von Church and Peace,

vor drei Wochen waren viele von uns zu unserem 50j ährigen Jubil äum auf dem Bienenberg zusammen. Es waren sehr intensive, bereichernde und bewegende Tage, was auch die vielen R ückmeldungen zeigen, die wir inzwischen in der Gesch äftsstelle erhalten haben.
Unsere Begegnungen, Gebete und Beratungen standen ganz im Zeichen des Krieges auf dem Balkan. Besonders dankbar waren wir f ür die Begegnung mit Mitgliedern der Hilfsorganisation Brot des Lebens in Belgrad.

Die theologische Arbeitsgruppe hat eine theologische Erkl ärung aus Anla ß des Krieges formuliert, die in unserem Festgottesdienst am 30. Juni verlesen wurde und die Zustimmung der Teilnehmenden unseres Symposiums gefunden hat.

Inzwischen liegt diese Erkl ärung mit einigen geringf ügigen Ver änderungen in deutscher, englischer und franz ösischer Sprache vor. Wir m öchten Sie Euch zuschicken und Euch bitten, diese Erkl ärung nun weiterzuverbreiten.

Sie reicht über die Erfahrungen des Krieges auf dem Balkan weit hinaus. Da ß dieser Krieg nun offiziell beendet ist, l äßt uns dankbar und vorsichtig aufatmen. Dennoch ist mit dem Ende des Krieges noch kein Friede erreicht. Nur eine umfassende Wahrheitsfindung über das, was in den letzten Wochen geschehen ist, wird eine entscheidende Voraussetzung f ür den Frieden sein.
Beten und hoffen wir, da ß alle Bem ühungen um die Überwindung von Ha ß, R ückkehr der Vertriebenen und Fl üchtlinge, Wiederaufbau und Heilung der Wunden, die dieser Krieg auf allen Seiten verursacht hat, den Frieden n äher bringen.

In den n ächsten Wochen wird eine erste Dokumentation über das Symposium auf dem Bienenberg erscheinen zusammen mit einem Rundbrief, der aktuelle Informationen aus dem Netz von Church and Peace enthalten wird.

Die Presseerkl ärung des Dialogforums auf dem Bienenberg konnte leider nicht rechtzeitig bearbeitet und verbreitet werden. Wir werden aber das Anliegen dieser Presserkl ärung noch publik machen.

Herzliche Gr üße

Ihr/Euer
Christian Hohmannn

ERKLÄRUNG VON BIENENBERG

Als Christen zahlreicher Kirchen und Gemeinschaften sind wir versammelt auf dem Bienenberg bei Basel (Schweiz) vom 28.-30. Mai 1999. Wir feiern das 50-j ährige Jubil äum der Church & Peace-Bewegung.

Wir treffen uns in einer Zeit heftiger Krisen und Kriege in vielen Teilen der Welt. Wir sind schockiert über die Bombardierung Jugoslawiens durch die NATO und die Vertreibung der Bev ölkerung des Kosovo durch Jugoslawien.

In der Nachfolge Jesu lernen wir, was es hei ßt, als Friedensgemeinden zu leben. Es ist zugleich eine Herausforderung und eine Bereicherung f ür uns und wir laden andere Christen ein, dieses Leben und diese Vision mit uns zu teilen.

Nach unserer Erfahrung haben die Friedensgemeinden f ünf Kennzeichen:

1. Das Evangelium des Friedens.
Wir verk ündigen Gottes gute Nachricht der Vers öhnung und des Friedens (2. Kor 5,19) durch Jesus Christus, der unser Friede ist (Eph 2,14). Wir haben sie frei empfangen als Gottes Geschenk. Darauf sind wir selbst angewiesen, und ohne Bedingungen sagen wir diese gute Nachricht allen weiter, die auf sie angewiesen sind - und zwar gerade denen, die sich selbst vom Leben ausgeschlossen oder benachteiligt f ühlen (Mk 2,17).

2. Ja zu den Feinden als Menschen - Nein zu ihrem ungerechten Handeln .
Wir haben von Jesus Christus gelernt, zu unseren Feinden als Menschen ja zu sagen (Mt 5,44). Wir selbst waren Gottes Feinde (R öm 5,8) und sind immer wieder in Schuld verstrickt, aber Christus hat uns vers öhnt mit Gott, miteinander und mit allen Feinden. Wir wollen Br ücken der Verst ändigung und des Friedens bauen zu denen, die wir und unsere Nationen Feinde nennen , ohne ihr ungerechtes Handeln zu verharmlosen oder einfach hinzunehmen. Unmenschlichem Handeln und ungerechten Strukturen wollen wir mit aktiver Gewaltfreiheit sowie mit dem Dienst der F ürbitte, der Heilung und des Dialogs widerstehen.

3. Nein zur Gewalt.
Deshalb lernen wir, nein zu sagen zur Gewalt auch in uns selbst. Wir weigern uns, Gewalt im pers önlichen Bereich anzuwenden oder die Anwendung von Gewalt als Mittel nationaler Machtaus übung zu rechtfertigen. Wir bem ühen uns, die Methoden gewaltfreier Konfliktbew ältigung zu erlernen, zu praktizieren und andere darin zu trainieren.

4. Zuwendung zu den Opfern von Gewalt.
Wir lassen uns die Augen daf ür öffnen, was f ür schreckliche Opfer die Gewalt fordert. So wie sich Jesus zu seiner Zeit zu den Opfern von Unterdr ückung und Gewalt gestellt hat, so stellen wir uns zu den heutigen Opfern und bem ühen uns, darin auch in gef ährlichen Situationen zuverl ässig zu sein.

5. Gemeinschaft und Solidarit ät.
Zur Verwirklichung dieser Vision brauchen wir einander sowohl in unseren eigenen Gemeinden und Gemeinschaften als auch in der Solidarit ät mit anderen Christen auf der ganzen Welt. Unsere Staatsangeh örigkeit ist Gottes neue Welt (Phil 3,20/Offb 21,1-2) und wir sind der Leib Christi (1. Kor 12,27). Von daher sind alle Bindungen an Nationalit ät, ethnische Zugeh örigkeit, Heimat - so wichtig sie sind - relativiert.
Wir bem ühen uns, Gottes neuer Welt Gestalt zu geben als Kontrastgesellschaften, in deren Klima Gerechtigkeit, Frieden, Barmherzigkeit und Wahrheit gedeihen k önnen. Wir laden andere ein, diese Vision mit uns zu teilen und ihre Realit ät in ihren eigenen Gemeinden und Gemeinschaften zu suchen und zu entdecken.

Bienenberg, 30. Mai 1999