Gewalt überwinden im Kontekt interreligiöser und interethnischer Konflikte - eine Herausforderung für die Kirchen
Church & Peace internationale Tagung
Terri Miller
Das europäische ökumenische Netz von Church and Peace lädt ein zu einer internationalen Tagung vom 27.-29.April 2001 in Elspeet (Niederlanden). Die Berufung der Kirche, Botin der Versöhnung zu sein, "das Volk, das die zerstörten Städte wieder bewohnbar macht" (nach Jesaja 58, Vers 12) soll im Mittelpunkt der Gespräche und Begegnungen sein.
Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen, Kommunitäten und Friedensdienstorganisationen aus ganz Europa werden das Thema 'Gewalt überwinden' im Kontext interreligiöser und interethnischer Konflikte behandeln. Es wird darum gehen, die von den Kirchen und den christlichen Friedensgruppen während des Balkankonfliktes in den letzten 10 Jahren gesammelten Erfahrungen zu analysieren und konkrete Vorschläge für die Friedensarbeit zu formulieren, die nicht nur für diesen besonderen Kontext gelten, sondern auch für andere Krisenherde. Die Tagung soll darüberhinaus Austauschforum sein sowie den Kontakten zwischen Christen dienen, für die kommunitäres Leben den wichtigsten Ort ihres Friedenszeugnisses darstellt. Diese Begegnung wird von ihren Ausrichtern als Beitrag zur Dekade 'Überwindung von Gewalt' verstanden, die vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) ausgerufen wurde und Anfang dieses Jahres beginnt.
Die Tagung wird eingeleitet durch ein Gespräch mit dem deutschen mennonitischen Theologen Fernando Enns, Mitglied des Zentralausschusses des ÖRK und Initiator des Aufrufs zur Dekade, der bei der ÖRK-Versammlung von Harare 1998 formuliert wurde. Am Samstagmorgen werden die Hauptredner der baptistische Pastor Aleksandar Birvis, ehemaliger Lehrer am theologischen Institut in Osijek und Gründer des jugoslawischen Vereins für Religionsfreiheit, sowie Anthea Bethge sein, deutsche Protestantin, Ausbilderin in Methoden zur gewaltfreien Konfliktlösung. Sie werden die Rolle der Kirchen im Balkankonflikt untersuchen und Denkanstöße für die anstehende Arbeit der Versöhnung und der Heilung geben.
Die TeilnehmerInnen werden das Thema der Begegnung in Arbeitsgruppen unter verschiedenen Facetten beleuchten: Mediation, Gewalt-vorbeugung, Wahrheitsfindung zur Anwendung von uranabgereicherten Waffen während der militärischen Intervention der Nato 1999 u.a.m. Ein Dialogforum wird die Referenten des Samstagmorgens mit Partnern aus Nordirland und Ruanda auf der Suche nach Konvergenzpunkten zwischen den verschiedenen inter-ethnischen und interreligiösen Konfliktsituationen zusammenbringen.
Die Tagung endet am Sonntagmorgen mit einem ökumenischen Gottesdienst. Janna Postma, Pastorin der mennonitischen Kirche der Niederlande, wird zum Text aus Jesaja 58, dem Thema der Begegnung, predigen.
Vor der Tagung findet eine zahlenmäßig etwas kleinere Begegnung zwischen Menschen aus der Balkanregion und Mitgliedern des Church and Peace-Netzes statt.
Weitere Informationen und Anmeldeformulare zur Tagung erhalten Sie über die internationale Geschäftsstelle von Church & Peace.
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An Dauerhaftem bauen und Freundschaften Knüpfen....
Liebe Leserinnen und Leser,
Haben Sie auch schon einmal die Erfahrung gemacht, für eine kurze Reise von zu Hause loszufahren und am nächsten Tag heimzukehren, müde, aber mit der Gewissheit im Herzen: ich habe an die hundert neuen Freunden?
In den letzten zwei Monaten ist es mir gleich zweimal passiert: das erste Mal anläßlich eines Besuchs bei der Mennonitengemeinde Colmar, wo ich die Arbeit von Church and Peace vorstellen konnte, dann als ich zur evangelischen "Christusbruderschaft" nach Selbitz fuhr, die mich samt meinem Ehemann im Rahmen eines Gemeinschaftstreffens zum Thema Gewaltfreiheit des Evangeliums eingeladen hatte. In Colmar begegnete ich in der nagelneuen Kapelle nach vielen Jahren schon bekannten Geschwistern wieder und lernte ich auch eine Menge neuer Gesichter kennen - viele von ihnen waren Jugendliche; in Selbitz entdeckte ich unter dem Schleier der Schwestern und der dunklen Kluft der Brüder Menschen aus Fleisch und Blut, die ich bis dahin nur auf Photos kurz gesehen hatte.
Beim Versuch zu verstehen, was in mir die oben genannte Sicherheit auslöste, trotz der Kürze des Besuchs so viele neue Freunde gewonnen zu haben, kommen mir unweigerlich einige Themen in den Sinn, haltbares Baumaterial zur Errichtung eines Hauses, in dem man sich wohl fühlt, eines Gebäudes, das stand hält - sowie tiefer Freundschaften: eine Gemeinschaft und eine Gemeinde, in der gebetet und gesungen wird, in der Gottes Wort vertieft wird, wo man in Freude Mahlzeiten einnimmt; aber auch Orte der Zuflucht und Unterstützung für Flüchtlinge, Orte, in denen die Herausforderung ernst genommen wird, vor die Christen gestellt werden, an der Bewältigung von Konflikten zu arbeiten, ohne zur Gewalt zu greifen. Zwei unterschiedliche Gemeinschaften durch ihren konfessionellen Ursprung und ihre Geschichten, die aber eins sind in ihrer Zugehörigkeit zu Jesus Christus und zu seiner Lehre... Aus dieser so ermutigenden Feststellung erwächst das Gefühl, das unschätzbare Geschenk von über 100 neuen Freundschaften in weniger als 24 Stunden erhalten zu haben.
Diese Doppelnummer unseres Rundbriefes ist reich an Beispielen, die zusätzliche Bausteine darstellen, um das Haus oder das Gebäude zu errichten, von denen oben die Rede war: Berichte über Versöhnung, Freundschaften, die bei der französischsprachigen Regionaltagung in Grandchamp geknüpft wurden, Vertiefung auf dem Bienenberg des Beitrages zur Friedenstheologie von John Yoder, gewaltloser Widerstand der Arche-Kumpanen und der Quäker bei der Waffenmesse Eurosatory, Nachdenken über das Gemeinschaftsleben nach einem Aufenthalt in der Arche-Gemeinschaft von St. Antoine, Versuch eines Dialogs mit Militärs und Militärseelsorgern anläßlich der deutschsprachigen Regionaltagung von Church and Peace...
Eine Dekade zur Überwindung von Gewalt wurde vom Ökumenischen Weltrat der Kirchen eröffnet. Church and Peace freut sich natürlich über diese Initiative und möchte auf verschiedene Art seinen Beitrag dazu leisten: das wären ein Vorschlag von seiten der deutschsprachigen Quäker-Gruppen, eine Begegnung mit Friedensarbeitern aus allen Gegenden des ehemaligen Jugoslawiens und vor allem eine internationale Tagung, die versuchen wird, sich der Herausforderung, 'die Gewalt im Kontext intereth-nischer und interreligiöser Konflikte zu überwinden' zu stellen. Bei diesen Begegnungen wird es um die Berufung des Volkes Gottes gehen, 'die Breschen wieder instand zu setzen und die zerstörten Städte wieder bewohnbar zu machen', also zu lernen, Dauerhaftes zu bauen in einer Welt, die auseinander-fällt - und ich weiß aus Erfahrung, daß wir müde nach Hause kehren werden, aber mit der etwas verdutzten Gewissheit, Dutzende neuer Freunde zu haben.
Viel Freude beim Lesen!
Marie-Noëlle von der Recke
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Kirche und Macht
Frankophone Tagung von Church and Peace
Theo Döllgast
Ein Treffen von Church & Peace ist wie der selten sicht-bare Austrieb eines unterirdischen Pilzgeflechts, das die meiste Zeit im Verborgenen arbeitet...
Das diesjährige französischsprachige Treffen fand in Grandchamp (CH) statt, in einem Klima förderlich zum Aspekt der Schweiz als Modell nationalen Zusammenlebens und in der Gemeinschaft von Grandchamp, wo vierzig christliche Schwestern seit vierzig Jahren Ökumene praktizieren.
Der Titel “Kirche und Macht” versprach ein anspruchs-volles Vorhaben, bei dem man von Anfang an wußte, daß nur einzelne Facetten angeschnitten werden konnten.
Programmatisch waren Querfragen vorangestellt:
• Gibt es ein christliches Reagieren auf die wachsenden Nationalismen in Europa und der Welt?
• Was war, ist und sollte sein das Verhältnis der Kirche zur Macht?
• Wie sollte eine echte christliche Staatsbürgerschaft in der heutigen Gesellschaft aussehen?
Wie so oft ist Fragen einfacher als Antworten. Man könnte in Grandchamp eher von Umgangsweisen spre-chen, mit denen das Thema angegangen wurde. Zwei Umgangsweisen waren zu beobachten: eine akademische und eine praktische.
Im akademischen Teil hat Antoine Nouis, Pfarrer der Reformierten Kirche in Paris, einen biblischen Aspekt aufgezeigt. Er benutzt das Denkmodell der Achsen Zeit und Raum: die Zeit als Dimension Gottes, den Raum als Dimension des Menschen. In diesem Rahmen setzt sich der Gott der Zeit in Gegensatz zu den Göttern des Raums. Gott wird zuerst als Befreier verstanden (Ägypten, Babel), der auch Raum zuweist (das Gelobte Land), und erst in zweiter Linie als Weltenschöpfer. Die geschicht-liche Entwicklung vom Stamm zur jüdischen Nation verräumlicht immer mehr und findet ihren Endpunkt im gigantischen Betrieb des Tempels mit seinem engen Regelwerk. Jesus verurteilt diese Fehlentwicklung und stellt den Tempel schroff in Frage. Der “Raum” geht schließlich im Jahre 70 ganz verloren. Erst Paulus wird den grenzenlos-universellen Gott wiederverkünden.
Christian Renoux, Katholik, His-toriker der Universität Orleans, hat im historischen Aspekt den Verlauf der unglücklichen Ehe “Kirche und Macht” in einem Stenogramm der abendländlischen Geschichte verfolgt. Jesus, der galiläische Na-tionalität hatte, als Opfer religiöser Macht. Der Kaiserkult im Konflikt mit dem Juden- und später dem Christentum. Die Anleihen der jungen Kirche beim Vokabular der Politik (Beispiel: “ecclesia” bedeutet ursprünglich “politische Versammlung”). Gewalttätige Intoleranz nach 325. Als “Häretiker” kommt 385 ein Spanier als erster auf den Scheiterhaufen. St. Martin fällt die heiligen Bäume. Augustin fordert, das Römische Reich notfalls mit Gewalt zu verteidigen. Karl der Große zwangschristianisiert die Sachsen und eint Europa mit Gewalt. Rache der Geschichte: Der Sachse Luther beendet diese Gewalteinheit. Mittelalterliche Kleriokratie, byzantinischer Cäsaropapismus. Die Allianz und manchmal Identifizierung der reformierten Kirchen mit dem Staat. Das Gesetz von 1905 (in Frankreich) über Trennung von Kirche und Staat als Chance für den inter-religiösen Dialog. Die Chance des modernen Europa und der Globalisierung, das Gegensätzliche zu versöhnen: die Einheit im Respekt der Vielfalt, das Lokale und das Globale, christliche Staatsbürgerschaft als Weltbürgerschaft verstanden. Oder in den Begriffen von Antoine Nouis: Der Raum kann sich mit der Zeit versöh-nen.
Im praktischen Teil gingen die Zeugnisse der tatsäch-lich Betroffenen noch näher als diese eindrücklichen Reflexionen.
• Joséphine Ntihinyuzwa aus Ruanda berichtete in gefaßten Worten von der unfaßbaren Ungerechtigkeit in ihrem Land, wo die Kirche, verstrickt mit der Staatsmacht, viel zu spät reagiert auf den Genozid unter Christen (95%).
• Noriko Usomura, japanischer Herkunft, machte begreif-lich, wie die schmerzliche Doppelrolle Opfer (Hiroshima)/Täter (Philippinen) die Versöhnung schließlich leichter macht.
• Hasso Beyer personifiziert eine vielschichtige und -spra-chige Versöhnung: polinischer Herkunft, geboren und aufgewachsen in Deutschland, Kriegsdienstverweigerer, ehemaliger Militärseelsorger der französischen Armee in Berlin, heute katholischer Priester in Frankreich.
Und eines der besten Zeugnisse zum Umgang mit den “kollektiven Wunden” ist das geschwisterliche Leben in Grandchamp, wo die ökumenische Gemeinschaft als ein “Übungsfeld der Versöhnung” gesehen wird.
In ihrem Resumee hob Marie-Noëlle von der Recke hervor, daß der “Weg der Heilung” vor allem in der Haltung des Einzelnen liege, im Hören aufeinander, in der Begegnung und im Respekt des andern.
François Caudwell, Pastor der Mennonitengemeinde in Les Bulles (CH), benutzte im Schlußgottesdienst das Bild von der Macht als “Erbkrankheit der Kirche”. Muß also der Christ mit diesem chronischen Gebrechen leben? Man wünschte sich mehr Klarheit in dieser Frage. Aber vielleicht wird im weitläufigen Myzel von Church & Peace diese Frage andernorts behandelt...
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Bundeswehr, Militärseelsorge und Pazifisten an einem Tisch
Alfred Grauer
Haben Sie schon einmal mit einem Militärbischof und einem General gemeinsam gefrühstück?
Diese Gelegenheit hatte ich anlässlich einer Tagung vom 20. bis 22. Oktober 2000 in Hülsa bei Kassel, unter dem Thema: “Chancen und Grenzen militärischer und ziviler Konfliktlösung - Frieden sichern mit ungleichen Partnern?” Die Tagung wurde gemeinsam von der Evangelischen Militärseelsorge und Church & Peace veranstaltet.
45 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Soldaten, Menschen aus dem Netz von Church & Peace sowie Mitarbeiter der Militärseelsorge und der christlichen Friedensdienste bemühten sich, unter der einfühlsamen Moderation von Christian Hohmann, dem ehemaligen C&P-Geschäftsführer, und Militärdekan Peter Michaelis miteinander ins Gespräch zu kommen. Den Hintergrund der Tagung bildete der militärische Einsatz der NATO und der Bundeswehr gegen die Republik Serbien im März 1999.
Offene Fragen mit Blick auf den Kosovo-Konflikt
In seinem einleitenden Referat “Was Politik und Militär für den Frieden tun können - Eckwerte der Ethik und offene Fragen mit Blick auf den Kosovo-Krieg” stellte Militärbischof Dr. Hartmut Löwe einige Fragen. War der Einsatz der NATO im Kosovo erforderlich? Ein fried-liches Zusammenleben von Serben und Albanern ist in weite Ferne gerückt. Der Begriff “Versöhnung” löse nur Hohn und Spott aus. Gab es ausschließlich die Wahl zwischen Pest und Cholera? Gab es politische Versäumnisse? Was hätte politisch und militärisch passieren müssen, um die Katastrophe zu verhindern? Die Antworten darauf waren bescheiden. Neben einem Versagen der Politik wurden insgesamt die historischen und kulturellen Hintergründe Jugoslawiens nicht in der erforderlichen Weise berücksichtigt.
Es wurde auch die Rolle der Militärseelsorge hinterfragt. War nicht theologischer Widerstand gegen einen völkerrechtlich zweifelhaften Einsatz geboten? Dazu Löwe: “Die Militärseelsorge hat auf der Seite der Soldaten zu sein!” Politische Vernunft sei auch Ausdruck von realer Theologie.
“Ich bin der Letzte, der glaubt, dass Konflikte mit militärischen Mitteln lösbar sind”
Brigadegeneral Dr. Klaus Wittmann von der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg referierte zum Thema: “Den Frieden sicherer machen - Chancen und Grenzen aus militärischer Sicht”. Gleich zu Beginn seines Referates bekannte Dr. Wittmann: “Ich bin der Letzte, der glaubt, dass Konflikte mit militärischen Mitteln lösbar sind.” Er informierte dann eloquent über die neue NATO-Struktur, das Sicherheitsgeflecht und die Aufgaben der NATO angesichts der Verwundbarkeit moderner Gesellschaften. Nach Wittmann braucht eine Krisen- und Konfliktbewältigung ein militärisches Rückgrat. Die Sicherheitspolitik der NATO habe nicht nur militärische, sondern auch wirtschaftliche und soziale Hintergründe. Die NATO sei auch dazu da, um weltweit die freie Wirtschaft und den Zugriff auf die Ressourcen sicherzustellen.
Den militärischen Einsatz der NATO unter Beteiligung der Bundeswehr im März 1999 hielt Wittmann aus humanitären und militärischen Gründen für notwendig: “Man ließ Milosevic viel zu lange gewähren!”
Was sollten wir aus der Kosovo-Katastrophe lernen?
Abschließend mahnte und forderte Wittmann eine Kultur der Konfliktprävention an, ohne Konkurrenzdenken zwischen militärischer und ziviler Konfliktbewältigung. Er zitierte Joschka Fischer: “Zivile Krisenbewältigung muss Vorang haben vor einem militärischen Eingriff.”
Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes, referierte über “Chance und Grenzen aus der Sicht der zivilen Konfliktbearbeitung im Blick auf den Kosovo.” Er informierte zunächst über Bemühungen zur Konfliktbewältigung vor dem Krieg u.a. durch die OSZE-Mission, Aktionen von St. Egidio, dem Balkan Peace Team etc. Er mahnte den Ausbau und die Unterstützung der Friedens- und Menschenrechtsgruppen an.
Ronnefeldt kritisierte den NATO-Einsatz in der Republik Serbien. In seiner Kritik folgte er im Wesentlichen der Analyse von Brigadegeneral Heinz Loquai: Der Kosovokrieg als Testlauf der neuen NATO-Strategie; als Durchsetzung des weltweiten Führungsanspruchs der NATO unter Ausschaltung der UNO und OSZE; als Disziplinierung des “Fremdkörpers” Serbien; als Testfall für einen Krieg der US-Luftwaffe ohne Landtruppe; NATO wollte nicht als Papiertiger dastehen u.a.1
Wie sieht die zivil-militärische Zusammenarbeit aus?
Was geschieht nun nach dem Kosovokrieg an zivil-militärischer Zusammenarbeit und was tun zivile Friedensdienste vor Ort? Darüber berichtete zunächst Oberst Peter Kratschmer, Leiter der zivil-militärischen Zusammenarbeit für die Bundeswehr im Kosovo. Der Kernauftrag der Bundeswehr besteht darin, die militärische Sicherheit zu gewährleisten. Das Ziel des Bundeswehr-KFOR-Einsatzes sei eine nachhaltige und langfristige Stabilisierung der Region. Der Auftrag der Bundeswehr werde erschwert durch die Minderheitenproblematik von Serben und Roma. Die Bundeswehr leistet als KFOR-Truppe eigene humanitäre Hilfe und unterstützt andere Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen.
Zivile Konfliktbearbeitung und Friedensdienst in Bosnien
Über einen zivilen Friedensdienst in Bosnien berichtete Birgit Felleisen, Mitarbeiterin von Quaker Peace and Service/London. Sie arbeitet mit Frauengruppen und unterstützt lokale Kräfte. In ihrer Friedens- und Versöhnungsarbeit wird ihr als Quäkerin viel Vertrauen entgegengebracht. Dieses Vertrauen ist eine Voraussetzung effektiver Arbeit in Konfliktsituationen. Zur Zusammenarbeit mit dem Militär erklärte Felleisen: “Friedensdienste und Militär müssen sich gegenseitig anerkennen und auf das beschränken, was sie wirklich können.”
Nenad Vukosavljevic, Friedensfachkraft in Sarajewo, arbeitet seit 1997 in gewaltfreier Konfliktbearbeitung. Von seiner Biographie her, als Serbe, Kriegsdienstverweigerer, Flüchtling etc. hat er eine bewegte Vergangenheit. Er nahm gegenüber dem Militär eine kritische Stellung ein. Nach seiner Erfahrung könne das Militär die Machtverhältnisse ändern, aber keine grundsätzliche Konfliktbewältigung herbeiführen. Der Schutz den Menschenrechte kann nicht dadurch erfolgen, dass die Menschenrechte anderer beschnitten werden. Das Militär löse seine Aufgaben gut, wenn es die Demokratie schütze. Er betonte, dass Konflikte nur ohne Gewalt gelöst werden können. Eine Demilitarisierung der Gesellschaft hält er für wichtig, um humane Kräfte zu wecken.
In der Abschlussrunde wurde von allen Seiten auf das Missverhältnis in der finanziellen Ausstattung des Militärs und der zivilen Friedensdienste hingewiesen. Dr. Wittmann erklärte abschließend, dass die zivilen Friedendienste noch viel mehr ausgebaut werden sollten. Die NATO würde sich aus Jugoslawien zurückziehen, wenn mehr zivile Konfliktbewältigung möglich wäre.--
Wahrheitsfindung ist immer ein schwieriger Prozess. Streitgespräche waren das Salz in der Auseinandersetzung. Während der gesamten Tagung hatte es die friedenskirchliche Stimme nicht leicht, sich Gehör zu verschaffen. Das Gespräch zwischen den militärischen und zivilen Partnern soll in einer Arbeitsgruppe fortgesetzt werden.
1. Heinz Loquai: “Der Kosovo-Konflikt, Wege in einem vermeidbaren Krieg”, Nomos-Verlag
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Tagung in Hülsa - Anmerkungen und Eindrücke
Ernst von der Recke
In seinem Beitrag erwähnte Oberst Peter Kratschmer, wie er einmal eine or-thodoxe Kirche betreten habe und sah, wie ein kunstvolles Fresko mit einer Axt aus einer Wand herausgeschlagen worden war. Dieses Bild steht mir seither vor Augen. Es versinnbildlicht die Herausforderung für die schwerige Situation vor Ort. Wie also, so frage ich mich, muß das neue Bild aussehen, unter dem Albaner wie Serben, Roma und Bürgerinnen und Bürger der NATO-Länder Würde und Menschenachtung wiedergewinnen können?
Gefühlsmäßig war dieses Treffen hoch besetzt. Die Veranstalter wollten Möglichkeiten von “Koalitionen für den Frieden“ ausloten. Doch tiefe Gräben taten sich auf, z.B. in der Wahrnehmung dessen, was politisch zur Entscheidung für den Luftkrieg gegen Jugoslawien geführt hatte. Clemens Ronnefeldt, bereitete mit seiner Recherche und Analyse zum Konflikt um den Kosovo seinem Kontrapart Brigadegeneral Dr. Wittmann Gänsehaut. In einer solchen Situation an Koalitionen zur “Friedenssicherung“ zu denken, grenzte an Überforderung.
In der gemeinsam gehaltenen Predigt von Christian Garve, dem Geschäftsführer des Ökumenischen Dienstes, und Militärdekan Horst Scheffler im Gottesdienst am Sonntag kehrte mehrmals der Satz wieder: “Kain-in-mir möchte zuschla-gen!“. Dieser Ausspruch widerspiegelt etwas von der Gefühlslage, in der sich viele der Teilnehmenden befanden. Doch mit homiletischem wie seelsorgerlichem Geschick kam es dann doch zu Durchbrüchen gemeinsam erstrebter Verantwortung. Zum Beispiel Quäker Peace and Service-Freiwillige Birgit Felleisen berichtete, dass die Gegenwart der SFOR ihr ermöglicht, auch über die Stadtgrenzen hinaus Kontakte zu knüpfen, und Dekan Scheffler warf die Frage auf, ob es zwischen der Ausbildung zu Friedensfachkräften und der Ausbildung von Soldaten zu einem Austausch kommen könnte und Soldaten auch Kenntnisse über gewaltfreie Konfliktlösung erhielten.
Koalitionen für den Frieden zu bilden war im vergangenen Oktober noch eine ferne Option. Dass es keine militärische Konfliktlösung geben kann, sondern dass es dazu ziviler Kräfte braucht, darin bestand Konsens. Die Frage jedoch, wann und wie eine durch Terror und Krieg geschundene Gesellschaft und traumatisierte Menschen bereit werden, den Aufbau von Beziehungen und politischen Systemen zu wollen, damit auch der Aufbau zerstörter Bauten Bestand haben kann, dies wurde aufgrund der unterschiedlichen Postionen kaum berührt. Inzwischen ist jedoch die Aufarbeitung der Ursachen, die zum Krieg geführt haben, auch innerhalb der NATO weitergegangen.1
Unter dieser neuen Voraussetzung zeichnen sich die Konturen des neuen Bildes, unter dem Versöhnung in Europa geschehen kann, etwas deutlicher ab. Vom Christushymnus im Philipperbrief, Kapitel 2, entnehme ich die Vorstellung, dass alle, die am Geist, an der Logik und der Praxis der Gewalt Anteil (gehabt) haben, ihre Knie beugen werden vor den Opfern dieses im Krieg eskalierten Konfliktes. Die Herausforderung für Menschen, die erkannt haben, dass Kain schützenswert ist, liegt im Üben von Gütekraft. Für die Mitglieder im Netz von Church & Peace stellt sich diese Herausfoderung noch einmal konkreter darin, dass wir den verfeindeten Menschen und ihren Mächten - auch dem Staat und dem Militär - bezeugen, dass auch ihre Aufgabe darin besteht, Christus zu dienen und nicht sich selbst.
1. Ein kaum bemerkter Generalbericht der Parlamentarischen Versammlung der NATO unter dem Titel “Die Folgen des Kosovo-Konfliktes und seine Auswirkungen auf Konfliktprävention und Krisenmanagement“ gesteht erstmals offiziell das Versagen des Westens im Kosovo-Konflikt ein.
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Das störende Gesindel vor den Portalen
Demonstration gegen Eurosatory
Theo Döllgast
In einem früheren Rundbrief war Eurosatory, die große internationale Waffenmesse in Paris, angekündigt. An die zwanzig Personen aus der Arche-Kommunität waren zur von CANVA (Coordination de l’Action Nonviolente de l’Arche) vorbereiteten Gegen-Aktion versammelt. Einige englische Gruppen, vor allem Quäker, haben sich mit der Arche-Gruppe zusammengeschlossen. Arche-Mitglied Theo Döllgast berichtet hier über ihre Erfahrungen und Eindrücke.
Die Aktion hatte zwei Teile. Ein “contre-salon” war als Gegenmesse gedacht, mit Ständen, Workshops, Vorträgen, Pressekonferenz usw. Von der Besucherzahl her gesehen war es ein Flopp, doch für uns Beteiligte war es Einstimmung, Kennenlernen, Mutmachen. Niemand weiß, wo die Saat der tausend am Trottoir verteilten Flugblätter aufgehen wird oder mit welcher Verstärkung die dreißig Zuhörer die Darlegungen des dissidenten Physikers Lalande über die Superwaffe Megajoule weitergeben werden.
Der zweite Teil war unsere Präsenz am Messegelände Le Bourget. Drinnen achthundert Aussteller mit ihren High Tech-Waren, von draußen täglich fünftausend zivile und militärische Besucher. Feststimmung in der Geschäfts- und Produktionsgesellschaft, ein bißchen Bangigkeit bei uns vor so viel Staats- und Wirtschaftsmacht und so viel Selbstverständlichkeit, mit der das Schreckliche ohne Bedenken gehandelt wird.
Am ersten Vormittag beherrschen die “Anarchisten” die Szene vor den Toren. Ihr Stil ist Angriff: Trommeln, Pfeifen, Sprechchöre, die Lärmkulisse als Kampfmittel. Die ankommenden Besucher werden eingekreist, umtanzt, judasfreundlich angegangen, dann aber mit verzerrter Miene atemfeucht und hautnah “Mörder” usw. angeschrieen. Die Opfer halten sich erstaunlich gut, gehen forsch durch das Sperrfeuer, behalten auf ihre Art die Würde. Am Ende des Pacours steht rettend die Mauer der Polizisten. Man spielt, gekonnt, auf beiden Seiten. Und doch wird “Gewalt” gespielt: sie liegt hier, scheint mir, nicht im Zwang, sondern in der Beschämung, in der Verweigerung des Respekts vor dem Gegner.
Wir Gewaltlosen verteilen uns zu viert, oft nur zu zweit, im Turnus mit Plakaten oder Spruchbändern auf die verschiedenen Tore für Fußgänger und Wagen. Wir sind nicht Masse, sondern Menschen, wir haben Namenschilder angesteckt.
Am ergiebigsten sind unsere Kontakte abends, wenn die Besucher ermüdet den Waffenschauplatz verlassen. Vielleicht sind Kriegsgegner dann doch ein Lichtblick nach einem Tag der Vorschau auf den nächsten Krieg. Die Limousinen halten und nehmen die Handzettel gerne an. Aus einem Bus mit jungen Soldaten kriegen wir verstohlen-deutlich Sympathie signalisiert. Ein belgischer Unternehmer überläßt bleich Arche-Mitglied Jean Marie Mercy seine Eintrittskarte: er sei bekehrt, wolle sein Leben ändern...
Auch von Vorbeifahrenden, gar nicht Beteiligten, kommt uns Zuspruch zu, als ob wir hier stellvertretend für viele stünden. Unsere Wirkung ist wohl größer, doch sicher anders, als wir planen.
Die CANVA-Gruppe plant weitere Aktionen gegen den Waffenhandel, u.a. Demonstrationen bei der “Leichte Waffen”-Messe Milipol Paris im November 2001 und wieder bei Eurosatory im Jahr 2002.
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Ein Sommer in der Arche-Kommunität
Paolo Vitali
Dem Wort Gottes treu bleiben - manchmal scheint es uns, als passierte uns das eher aus Zerstreutheit. Treue ist eine Gabe, die nicht aus uns selber kommt, sie ist ein Ge-schenk, das wir manchmal unterwegs verlieren, wir, die wir von unseren eigenen häufigen Untreuen überlastet sind. Falls wir auf den Weg zurückschauen, den wir gegangen sind, kann es sein, daß wir wie leichte Fäden Spuren eines gehaltenen Versprechens erblicken; dann füllt sich das Herz mit Dankbarkeit und möchte singen.
Gefühle dieser Art glaube ich zu haben, wenn ich an das denke, was wir als Familie in den letzten fünf Jahren erlebt haben, seit Sonia und ich geheiratet haben. In der Kirche hatten wir gelesen, was Jesaja im Kapitel 58 zum Fasten sagt, das dem Herrn gefällt: "Das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen." Starke Worte, verpflichtende Worte, vor denen wir lediglich in aller Demut sagen können, wie unser Versuch der Nachfolge, der Suche, aussieht. Worte wie Sterne der Orientierung in der Nacht. Worte, die wir an manchen Orten wirklich leben können, scheint es uns, nicht nur Worte, die wir hören oder lesen. Zum Beispiel in der Gemeinschaft der Arche in St. Antoine, wo wir das Glück hatten, diesen Sommer unsere Ferien verbringen zu können.
Was hat uns denn wirklich dorthin gezogen, in dieses kleine Dorf ganz nahe den Bergen des Vercors, wo wir schon einmal anläßlich einer Begegnung mit Church and Peace im März 1998 waren? Wohl mehr als die herrliche Landschaft oder das mittelalterliche Ambiente in der Abtei und im Dorf von St. Antoine.
Vielleicht vor allem die Geschichte einer Gemeinschaft, die versucht, die Entscheidung für die Gewaltlosigkeit nach Gandhi zu bezeugen.
Während der zwei Wochen unseres Aufenthalts konnten wir einige der vierzig Mitglieder dieser Gemeinschaft kennenlernen, Einzelpersonen oder Familien. Die Arche von St. Antoine hat, mitten in der von Lanza del Vasto gegründeten Bewegung, eine besondere Berufung zur Gastfreundschaft entwickelt. So werden Schulungskurse und Seminare organisiert, Menschen aufgenommen für Workcamps oder für mehr oder weniger lange Zeitspannen eines freien Aufenthalts.
Was hat uns am meisten beeindruckt? Welches sind die wichtigsten Punkte dieses gewaltfreien Ordens, sofern wir es verstanden haben? Schematisch gesprochen:
• Die Nüchternheit und die Einfachheit des Lebens, die man in allen materiellen Dingen spürt, in den Gegenständen, in der Küche, im Gemüsegarten...
• Die Aufmerksamkeit, die den Menschen und ihren Beziehungen zuteilwird, mit ihrem Rhythmus, ihren Gewohnheiten, ihrer Müdigkeit...
• Die Liebe zum "Schönen", eine Erziehung (immer seltener), die gegen die Verharmlosung des Alltags ankämpft und die dazu verhilft, die schönen Dinge des Lebens zu erkennen, die Sorgfalt, die sie enthalten, oder die Wunder, die sie verbergen.
• Die Zentrierung auf das handwerkliche Tun, das heißt der Versuch, das Tun zusammenzuhalten, das praktische Tun und die Suche nach Sinn; Paprikaschoten in der Küche zusammen schnippeln ist eine Gelegenheit zum Wachsen, zur Begegnung (mit sich selbst und den anderen), zum Engagement, zum Gebet (Gandhi);
• Die Suche nach einem demütigen Christsein...
Wir könnten weiter auflisten, weitere Aspekte finden, die das Wertvolle des Experiments der Arche für unsere Zeit aufzeigen.
Wir konnten als "junge" Familie mit zwei noch kleinen Kindern (Giacomo, 4 J., und Bruno, 1 Jahr) die Erfahrung eines ganzheitlichen Wachstums machen. Seit einiger Zeit ist einer unser "ideologischen" Bezugspunkte das Gedankengut von Alex Langer (einem Europaparlamentarier der Region Alto Adige (Hochetsch), Gründer der Partei der Grünen in Italien und vor einigen Jahren verstorben), das man in zwei provozierenden Fragen zusammenfassen kann:
Die erste klingt in etwa so: "Könntest du denn wirklich so leben, wie du behauptest, daß wir es alle tun müßten?” Mit anderen Worten: Ist Ganzheitlichkeit noch eine praktikable Tugend? Bis zu welchem Punkt? Man kann die Arche als den Versuch einer Antwort ansehen oder zumindest als einen Versuch, die Kohärenz im Leben zu erhalten.
Die zweite: " So stellt sich die entscheidende Frage: Wie kann eine ökologisch vertretbare Kultur wünschenswert erscheinen?”
Bisher wurde nach dem olympischen Motto “citius, altius, fortius” (schneller, höher, stärker) gehandelt, das am besten das Wesentliche des Geistes unserer Kultur darstellt, wo der Endzeitgedanke und der Wettkampf nicht die sportliche Veredelung für festliche Gelegenheiten sind, sondern wohl die tägliche Norm, die allenthalben um sich greift. Es sollte ein alternatives Konzept Wurzel fassen, das wir vielleicht in “lentius, profundius, suavius” zusammenfassen könnten, und wir sollten in dieser Perspektive den neuen “Wohlstand” suchen, sonst wird kein Heilmittel, und sei es noch so vernünftig, geschützt sein vor dem Wesen, das hartnäckig bei seiner Feindseligkeit, seinem Ausweichen und seiner Gleichgültigkeit bleibt.
Aus diesem Grund wird eine umweltfreundliche Politik nur auf der Basis von neuen (oder sehr alten) kulturellen und staatsbürgerlichen Überzeugungen entstehen können, welche natürlich in hohem Maße außerhalb der Politik erarbeitet werden, eher auf einer religiösen, ethischen, sozialen, ästhetischen, traditionellen Basis (....).
Ich weiß nicht, ob und in welchem Maße Langer die Arche-Gemeinschaften kannte. Es ist aber eine Tatsache, daß in seinem Gedankengut, in diesem Wunsch nach Drosselung, nach Vertiefung, nach dem Wiederfinden eines im wahrsten Sinn des Wortes nachhaltigen, vertret-baren Ansatzes für unsere Kultur viele der Gedanken und Wünsche der Arche-Mitglieder zu finden sind.
Vor einigen Jahren hatte Sylvie Gudin Poupaert uns gebeten, einen Artikel für den Rundbrief von Church & Peace zu schreiben. Bis jetzt hatten wir diese Einladung abgelehnt, weil unsere Teilnahme am Netz im wesentlichen persönlich (auf die Familie bezogen) war und weil wir uns nicht als Träger einer besonders beispielhaften oder sinnvollen Erfahrung fühlten. Wenn wir nun diese Zeilen geschrieben haben, geschieht das als Zeichen des Dankes für Church & Peace und für die Öffnung, die es auf unserem Lebensweg bewirkt hat. Es hat uns auch ermöglicht, (vor allem für uns selbst) einige unserer Gedanken auszudrücken, die in uns diesen Sommer gereift sind und die dabei sind, uns zu einer Übersiedlung in die Arche von St. Antoine zu führen, für die Dauer von mindestens einem Jahr. Es ist keine leichte Entscheidung (die Beziehungen, die Arbeit, das Land, die Sprache hinter uns zu lassen), aber es ist auch eine begeisternde Wahl. Wir bereiten uns “langsam” darauf vor.
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Die Weisheit des Kreuzes
Sabine Herold
Beim zweiten Symposium des Theologischen Seminars Bienenberg vom 8.-10. Sept. 2000 standen sowohl der Mensch als auch Theologe J.H. Yoder und sein Anliegen von Gemeinde im Mittelpunkt.
Das Seminar wurde am Freitagnachmittag von Bernhard Ott, dem Studienleiter des Theologischen Seminars, mit einer kurzen Einführung ins Thema eröffnet. Als Schwerpunkte und Ziele dieser Tagung nannte er drei Begriffspaare. Es gehe um Gemeinde und Mission, um Vision und Wirklichkeit sowie um mutige Bescheidenheit bzw. kühne Demut.
Leben und Theologie
Nun folgten eine Reihe von Vorträgen über diesen Theologen, dessen Leben von unermüdlicher Arbeit geprägt war. Mark Thiessen-Nation aus London gab einen biographischen Überblick.
Hanspeter Jecker referierte über Yoders Beitrag zur Erforschung der Täufergeschichte und gab einen Überblick über das reich-haltige Angebot der schriftlichen Beiträge des Theologen zu diesem Thema.
Neal Blough, Dozent an der Faculté Libre de Théologie Evangelique in Vaux sur Seine, schloss den ersten Symposiumstag ab, indem er “Yoders Verständnis der Kirchengeschichte in seiner Theologie” darlegte.
Gemeinde als einladende Kontrastgesellschaft
Einen Höhepunkt des Symposiums stellte zweifellos der Vortrag von Matthias Zeindler, Pfarrer der reformierten Kirche Erlach in der Schweiz, am Samstagmorgen dar. Er sprach über “Die Kirche des Kreuzes. Yoders Ekklesiologie als Modell von Kirchesein in einer pluralistischen Gesellschaft.” Zunächst wies er auf die heutige religiöse Vielfalt hin, bei der sich jeder seine eigene “Patchwork-Religion” aus den verschiedensten Angeboten zusammenbastle. Ein alleiniger Geltungsanspruch einer bestimmten Tradition habe hier keinen Raum mehr. Vielmehr gehe es darum, als Gemeinde eine Art Kontrastgesellschaft darzustellen und einladend zu wirken - als “Partikularität inmitten von Partikularitäten”.
Am Nachmittag sprach Mark Thiessen-Nation zu dem Thema: “Jenseits sichtbarer Zeichen und menschlicher Weisheit: Den gekreuzigten Christus verkünden. Yoders Beitrag zur Friedensethik.” Es gehe nicht darum, Zeichen zu fordern oder nach Weisheit zu streben, wie es die Welt tut, sondern darum, Christus zu verkündigen - den Gekreuzigten (1. Kor 1,8-25).
Aus dem für den Abend angekündigten “round table Gespräch” über “Yoders Impulse im ökumenischen Spannungsfeld” wurde eine Diskussion in Kleingruppen, nachdem Fernando Enns, Studienleiter am Ökumenischen Institut Heidelberg, ins Thema eingeführt und Fragen zur Diskussion in die Runde gegeben hatte.
Ein Schatz fürs Herz
Am Sonntag wurde das Symposium mit einem Gottesdienst abgeschlossen. “Wir haben diesen Schatz in irdenen Gefässen”, so das Motto des Festgottesdienstes, geleitet von Heike Geist, Lehrerin am Theologischen Seminar Bienenberg. Helmut Doerksen, Lehrer am Bienenberg, predigte über 2. Korinther 4. Gottes Siegesmacht und unsere Schwäche gehören zum Zentrum des Evangeliums, und der Weg Gottes mit Jesus sei auch der Weg Gottes mit seinen Nachfolgern. Als zerbrechliche Gefässe tragen wir Gottes Schatz in uns, was uns unendlich wertvoll macht!
Unsere Zerbrechlichkeit sei kein Grund zu Scham und Schande. Unsere Schwachheit gehöre zu Gottes Weisheit, damit seine Kraft sichtbar werde - entgegen dem heutigen Trend, lieber “Power-Gemeinde” als dienende Gemeinde zu sein.
Eine Broschüre über dieses zweite Symposium sollte Anfang 2001 erscheinen.
Perspektive, Nr. 18, 27. September 2000
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Wiedergutmachende Rechtsprechung zieht nach Russland
Nach sieben Jahrzehnten des Kommunismus, der Arbeits-stelle und Wohnung garantierte, ist Russlands Wirtschaft zusammengebrochen. Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Alkoholismus und Drogenkonsum sind drastisch angestiegen. Eine wachsende Anzahl von Kindern verwahrlosen und werden verlassen. Die russischen Kommunalverwaltungen sind schlecht darauf vorbereitet, mit dieser Situa-tion umzugehen. Der ganze Bereich der Sozialarbeit, wie sie im Westen bekannt ist, ist gerade erst im Aufbau, und Russland hat noch kein separates Jugendgerichtssystem.
Laut russischen Gerichtsstatistiken ist bei den Sechzehn- und Siebzehnjährigen der Anteil der in Strafverfahren Verwickelten höher als in jeder anderen Altersgruppe. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen, die ins Gefängnis kommen, wurden wegen Diebstahls und nicht etwa wegen Gewaltverbrechen verurteilt.
"Partnership for Restorative Justice in Russia", eine gemeinsame Initiative des Public Center for Legal and Judicial Reform (PCLJR) in Moskau und von Mennonite Central Committee (MCC), führt Richter, Staatsanwälte, Polizisten, zivile Organisationen, Veranwortliche der Kirchen und Erzieher zusammen, um die Philosophie und Praxis von wiedergutmachender Rechtsprechung einzuführen und um Opfer-Täter-Versöhnungs-Programme in ausgewählten russischen Städten zu beginnen.
"Durch die Zusammenarbeit an ihren Ortschaften, können diese Gruppen und Einzelpersonen dazu beitragen, das soziale Gefüge, das durch bestimmte Verbrechen zerstört wurde, wieder aufzubauen", sagt Steve Hochstetler Shirk, MCC-VizeRepräsentant in der ehemaligen Russischen Union.
Im August 2000 leitete Professor Howard Zehr von Eastern Mennonite University ein Einführungsseminar in der Stadt Dzerzhinsk, westlich von Nizhnyi Novgorod. Rustem Maksudov vom PCLJR berichtete, dass ein Schlüsselresultat “der Wunsch von Polizeibehörden war, Polizisten in Methoden der Versöhnung ausbilden zu lassen”.
Es wurden auch Unterrichtsmaterialien erstellt, unter anderem ein russisch-sprachiges Sozialarbeiter-Textbuch für wiedergutmachende Rechtsprechungsprogramme und eine Internetbibliothek mit Material zur wiedergutmachenden Rechtsprechung auf Russisch und in anderen Sprachen.
Durch ein Übereinkommen mit EMU wird "Partnership for Restorative Justice in Russia" von der U.S. Agency for International Development (USAID) finanziert, ferner durch das Sustaining Partnerships into the Next Century-Projekt (SPAN), verwaltet vom International Research & Exchanges Board (IREX). Zusätzliche Unterstützung wird durch MCC gewährt.
MCC-Nachrichten, 8. September 2000
Übersetzung: Rahel Gerber-Liniger
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Begegnung katholischen Netzwerks in Ungarn
Kati Simonyi
Die jährliche Begegnung von “Halo”, eines Netzwerks katholischer ungarisch spre-chender Gruppen in Osteuropa, fand in einem katholischen Kloster und Ausbildungszentrum im ungarischen Dorf Pannonhalma vom 26. bis 29. Oktober 2000 statt.
Die ca. 300 Teilnehmer waren aus verschiedenen Ortschaften und Bewegungen gekommen – unter anderem die Stiftung BOCS, Mitglied von Church and Peace, Vertreterin der BOKOR-Bewegung zu den Themen Frieden und Umweltschutz. Gyula Simonyi, der regionale Koordinator für die Church and Peace-Arbeit in Osteuropa, und seine Tochter Kati haben bei dieser Begegnung Church and Peace vertreten. Auf dem Programm standen Vorträge, Gottesdienste, Landestreffen, Arbeitsgruppen, Gebetsandachten und Tanz. Das Treffen hatte drei zentrale Themen: Erziehung, Kultur der Kommunikation, Gemeinde. Laien und Priester waren aufgefordert, ihre Erfahrungen an Runden Tischen mitzuteilen, die jeweils nach den Vorträgen stattfanden.
Ca. 10 Mitglieder der Bokor-Bewegung nahmen an der Begegnung teil. Einige von ihnen waren eingeladen worden als Teilnehmer bei den Runden Tischen oder als Workshop-Moderatoren. Sie zeigten sich dennoch sehr enttäuscht, dass Pater Bulanyi weiterhin von solchen offiziellen Ereignissen ausgeschlossen bleibt. Denn obwohl die Bokor-Bewegung an der Organisation der Begegnung mitgewirkt hatte und einige Bokor-Gruppen dem Netzwerk “Halo” angehören, wurde es Pater Bulanyi nicht gestattet, zu diesem Treffen zu kommen, und dies drei Jahre, nachdem er wieder in sein Priesteramt eingeführt worden ist. Kati Simonyi gab die Enttäuschung einiger Teilnehmer angesichts dieses Ausschlusses wieder und merkte an, dass “Bulanyi durch seine Loyalität gegenüber der katholischen Kirche und sein Engagement für die ungarische Sprache und Nation absolut in den Rahmen der Spiritualität und der Atmosphäre der “Halo”-Begegnungen passt."
Gyula Simonyi hat die Gelegenheit dieser Begegnung genutzt, um für den kürzlich erschienenen Friedenskalender zu werben. Er hat ebenfalls an verschiedenen Landestreffen teilgenommen, um vom Friedenskalender und von der Arbeit von Church and Peace zu sprechen und um neue Programme zur Friedenserziehung einzuleiten.
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Ein friedenskirchlicher Beitrag zur Dekade zur Überwindung von Gewalt
Gordon Matthews
Der Friedensausschuss der Deutschen Jahresversammlung der Quäker betrachtet die Ökumenische Dekade zur Überwindung von Gewalt als eine einmalige Chance, die Kirchen für eine friedenskirch-liche Haltung zu gewinnen. Dabei würden die Friedenskirchen und friedenskirchlich orientierte Gemeinschaften und Gruppen - eben die Kirchen, Gemeinden, Gemeinschaften und Gruppen im Church and Peace-Netz - eine besonders wichtige Rolle spielen.
In einem Antrag an die Jahresversammlung der deutschen und österreichischen Quäker heißt es: “Die Deutsche Jahresversammlung möge die für die Jahre 2001-2010 vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) ausgerufene “Ökumenische Dekade zur Überwindung von Gewalt” in enger Zusammenarbeit mit Church and Peace aktiv unterstützen. Ziel ist ein mehrjährig angelegter Konsultationsprozess, an dessen Ende ein gemeinsames friedenskirchliches Wort einer Ökumenischen Versammlung im Geist unseres Friedenszeugnisses als Aufruf und Mahnung an alle Kirchen stehen sollte.”
Der Friedensausschuss der Quäker tritt dafür ein:
• dass alle Kirchen der Logik und der Praxis militärischer Gewalt eine deutliche Absage erteilen;
• dass keine Kirche militärische Gewalt legitimiert und dass alle Kirchen der Ausübung von militärischer Gewalt durch einen Staat oder durch ein Volk jegliche Unterstützung entziehen;
• dass Kirchen das Friedensstiften als ihre Aufgabe erkennen, Frauen und Männer dafür ausbilden lassen und in Konfliktfeldern einsetzen;
• dass Kirchen den Abbau des militärisch-industriellen Komplexes fordern und Konversionsinitiativen unterstützen.
Der Friedensausschuss stellt sich eine ökumenische Versammlung am Ende der Dekade vor, die in diesem Sinne eine klare gemeinsame Aussage macht. Dies wird nur möglich, wenn ein langer Prozess des Dialogs sowie der Sammlung von Erfahrungen und Einsichten vorher stattfindet. Die Kirchen müssen erfahren:
• dass Frieden eher möglich wird, wenn wir durch aktive Gewaltfreiheit, durch “Gütekraft”, die Voraussetzungen dafür schaffen;
• dass Gewalt nicht durch Gewalt zu überwinden ist (siehe Tschetschenien, Somalien, Sudan, Columbien, Sri Lanka...);
• dass Frieden im Sinne der Bergpredigt gestiftet werden muss - durch die Überwindung von physischer und struktureller Gewalt sowie die Befreiung aus Ungerechtigkeit und Unterdrückung.
Der Friedensausschuss stellt sich einen schrittweisen Prozess des Konsultierens, des Umdenkens und des Fomulierens vor. Modelle für einen solchen Prozess sind:
• das südafrikanische “Kairos-Dokument”;
• das Pastoralwort der US-amerikanischen katholischen Bischöfe zur nuklearen Rüstung (“The Challenge of Peace”);
• die ökumenische Versammlung in der DDR - “Dresden-Magdeburg-Dresden”.
Diese Erklärungen kamen durch lange Prozesse der Ausarbeitung und Konsultation, an denen ein breites Kirchenvolk beteiligt war, zustande.
Folgende Schritte für einen Konsultationsprozess werden vorgeschlagen:
Frühling 2001: Bei der Church and Peace-Tagung in den Niederlanden entwickelt eine Arbeitsgruppe einen konkreten Plan für diesen Prozess. Außerdem wird ein Arbeitskreis ernannt, der eine friedenskirchliche Erklärung entwerfen soll. Die Erklärung soll friedenstheologische Grundsätze sowie daraus abgeleitete friedenspolitische Empfehlungen enthalten. Der Arbeitskreis soll dieser Aufgabe entsprechend besetzt werden.
Bis zum 31. März 2002:
Der Entwurf einer friedenskirchlichen Erklärung wird veröffentlicht und möglichst weit im Church & Peace-Netz und darüber hinaus verbreitet - mit der Bitte um Rückmeldung bis zum 30. Juni 2003.
Juli bis Dezember 2003: Anhand der Rückmeldungen wird durch den Arbeitskreis eine Endfassung der friedenskirchlichen Erklärung formuliert.
Frühling 2004: Bei einer friedenskirchlicher Versammlung wird die friedenskirchliche Erklärung feierlich verabschiedet. Diese Erklärung soll als Eingabe für einen ökumenischen Prozess dienen, dessen Ergebnis eine Erklärung einer ökumenischen Versammlung im Jahre 2010 sein soll.
Die Dekade ist sowohl eine Chance als auch eine Heraus-forderung für die Historischen Friedenskirchen sowie friedenskirchlich orientierte Gemeinschaften und Gruppen. Können wir diese Chance nutzen, damit die Ökumene trotz der Vielfalt der Konfessionen zu einer friedensfördenden Kraft in dieser Welt wird?
Die Mitgliedskirchen und -organisationen von Church & Peace sowie Interessierte aus dem Netz werden eingeladen:
• Personen für den oben erwähnten Arbeitskreis vorzuschlagen. Sowohl Theologinnen und Theologen als auch Christinnen und Christen mit konkreten friedenspolitischen Erfahrungen sind gefragt. Korporative Mitglieder werden gebeten, bis zum 31. März 2001 mindestens eine Person fur die Arbeit im Arbeitskreis bei Marie-Noëlle von der Recke in der internationalen Geschäftsstelle vorzuschlagen. Wir möchten die Mitglieder des Arbeitskreises während der Mitgliederversammlung in Elspeet benennen können.
• sich an der Arbeitsgruppe während der Church & Peace-Tagung in Elspeet zu beteiligen.
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NACHRICHTEN AUS DEM NETZ
• Zwanzig Jahre Friedensarbeit durch die schwelle
Im Sommer 1999 feierte die Stiftung die schwelle, ein Mitglied von Church & Peace, ihr 20jähriges Jubiläum. Die Stiftung wurde 1979 von Ruth-Christa und Dirk Heinrichs gegründet.
Während der vergangenen zwanzig Jahre hat die schwelle ein breites Spektrum von Aktivitäten gefödert. Dazu gehören Programme zur Unterstützung und Remotivierung von Arbeitslosen, Forschungsvorhaben zur Konversion militärischer Übungsplätze, der Aufbau der Fortbildungsorganisation für Friedensarbeiterinnen und Friedensarbeiter "Oekumenischer Dienst im Konziliaren Prozess", Trainings zur Erhöhung der Wirksamkeit fur Nichtregierungsorganisationen (NROs) sowie Publi-kationen zu Fragen des Friedens und der Konversion, z.B. zwei Buchreihen und der frühere Transcontinental Peace Newsletter, der jetzt Grassroots Good News heißt.
Einer der zentralen Schwerpunkte der schwelle war die Unterstützung der Friedensarbeit in Ostslawonien, einer Region, die besonders schwer vom Krieg zwischen Kroatien und Serbien betroffen war. Die Stiftung unterstützte ein Netzwerk von NROs in Ostslawonien, die in der Flüchtlingsarbeit, im Wiederaufbau und in der Versöhnungsarbeit aktiv waren. In Bosnien ermöglichte die schwelle Flüchtlingen die Rückkehr in intakte Häuser. Seit 1998 hat die Stiftung lokale Partner in Schkoder in Nordalbanien unterstützt.
Ende April 2000 zogen sich die Gründer Ruth-Christa und Dirk Heinrichs aus der aktiven Mitgliedschaft im Vorstand der schwelle zurück. Grassroots Good News möchte ihnen für ihre hingebungsvolle und umfangreiche Arbeit für die Schwelle danken.
Im Juni ist die schwelle in ein neues Büro in Bremen gezogen. Die neue Adresse der Stiftung lautet: die schwelle, Hohenlohestrasse 7, D-28209 Bremen; Tel: +49 421 3032 -577, Fax: -464; Email: [email protected]; Website: www.dieschwelle.de
Grassroots Good News, August 2000
• Visionen - Strukturen - Konzepte für zukunftige Friedensarbeit des DMFK
Wolfgang Krauss, Rosemarie Wienss
Mitglieder des DMFK-Ausschusses (DMFK = Deutsches Mennonitisches Friedenskomitee) und einige Gäste haben sich bei einer offenen Arbeitstagung am 13.-14. Oktober 2000 Zeit genommen, um Visionen, Strukturen und Konzepte der künftigen Friedensarbeit des Komitees zu überlegen. Das Treffen diente als “Ersatz” fur das zugunsten einer theologischen Studientagung fur 2000 abgesagten DMFK-Herbstseminar.
Schwerpunkt der Arbeitstagung waren grundsätzliche Fragen zur gegenwär-tigen Friedensarbeit. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer blickten zurück, zogen Bilanz, teilten eigene Befindlichkeiten aus dem Alltag mit, wenn es dort um Frieden geht:
• Alles muss klein beginnen.
• Frieden heisst, Konflikte benennen, austragen, stehenlassen, ohne die Gemeinschaft aufzukündigen.
• Der einzige Mensch, den ich ändern kann, bin ich selbst.
• Eine Spiritualität wird gebraucht, die den Friedensgedanken transportiert, und Projekte, die den Frieden praktisch erfahrbar machen.
Aus dem letzten Gedanken entstand die Vision, dass im gesamten Leben der Gemeinde Schalom erkennbar werden solle. Um praktisch an einer Verwirklichung dieser Vision zu arbeiten, wurde vorgeschlagen, Kontakte zwischen Gemeinden in ganz Deutschland und dem DMFK zu stärken an Hand eines neuen "Gemeindepakets" und durch Besuche in den Gemeinden. Der Inhalt dieses Besuchspaketes wird vom DMFK-Ausschuss und interessierten Mitgliedern bis Ostern 2001 zusammengestellt. Es folgen bis Sommer 2001 Einladungen und Vorbereitungstreffen. Ab Herbst 2001 wird der Besuchsprozess gestartet und bis Herbst 2002 durchgeführt. An Ostern 2002 soll einen Zwischenbilanz gezogen werden. Im Herbst 2002 wird dann der gesamte Prozess ausgewertet.
• Neustrukturierung bei IFOR
Der alle vier Jahre tagende “Council” des Internationalen Versöhnungsbundes (IFOR), eines der Gründungsmitglieder von Church and Peace, hatte bei seinem Treffen in Holland vom 19.- 25. Juli 2000 eine schwerwiegende Aufgabe: den Verein zu retten und seine Programme neu zu strukturieren.
“Die IFOR-Ratstagung 2000 ist fruchtbar und ermutigend gewesen, obwohl sie zu einem Zeitpunkt stattfand, als der Verein in einer tiefen Krise steckte. Trotz der komplexen Themen, Personen und Kulturen sind die Versammelten in der Lage gewesen, Entscheidungen zu treffen und Empfehlungen auszusprechen, die mir zugleich vorsichtig und hoffnungstragend erscheinen”, so drückte es Liliane Baxter, eine Teilnehmerin vom amerikanischen IFOR-Zweig, aus.
Die heute bereits über 80-jährige Bewegung geht durch die schwierigsten Augenblicke ihrer Geschichte. Ihre Programme (Erziehung, Ausbildung zur Gewaltfreiheit, Kultur der Gewaltlosigkeit, usw...) entwickeln sich seit mehreren Jahren weiter, sie konnten jedoch nicht finanziert werden. So mußte die schwere Entscheidung getroffen werden, diese Programme einzustellen, bis die notwendigen Finanzmittel gefunden werden. Das Programm der Friedensarbeit der Frauen wird nun von der internationalen Geschäftsstelle weitergeführt: Diese Arbeit betrifft auf Weltebene Mitglieder und andere Personen, die sich für den besonderen interreligiösen Ansatz der Gewaltlosigkeit beim Internationalenen Versöhnungsbund interessieren.
Aus “Reconciliation International”
• Friedenskalender in ungarischer Sprache
Terri Miller
Nach monatelanger Arbeit wurde im November 2000 der erste ungarische Friedenskalender veröffentlicht.
Gyula Simonyi und die Mitglieder der Osteuropa-Koordinationsgruppe von Church and Peace (alle Mitglieder der Bokor-Bewegung) haben die gesamte Redaktions-, Lay-out-, Übersetzungs-, Werbungs- und Versandarbeit für diesen Kalender geleistet. Die Franziskaner aus Novi Sad (Jugoslawien), Deva (Rumänien) und Vinogradov (Ukraine) haben sich an der Verteilung des Kalenders bei der ungarischen Minderheit dieser Länder beteiligt.
Dieser Kalender ist wie ein 'Mini-Lexikon' zur Friedensbewegung konzipiert, so Gyula Simonyi. Der Kalender 2001 erwähnt Ereignisse, die mit Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung zu tun haben. Er enthält Informationen und Adressen von Friedensorganisationen und -bewegungen in Osteuropa und in der ganzen Welt. Es gibt Aufsätze zu den Mennoniten, der gewaltfreien Täuferbewegung und zum Netzwerk von Church and Peace; andere betreffen die Urkirche, die Kriegsdienstverweigerung, die Bokor-Bewegung, das Mennonite Central Committee (Hilfswerk der amerikanischen Mennoniten) und den Internationalen Versöhnungsbund.
Der Kalender will auch zu einem friedlichen und verantwortlichen Lebensstil beitragen. Er bietet Platz für Notizen zur Verwaltung von Zeit und Geld, aber auch für die Planung der Freizeit mit der Familie, mit Freunden, bei Sport, Tanz, Meditation, Briefwechsel und in der Natur.
Bestellungen und/oder Informationen zur Friedensbewegung für 2002 bei Gyula Simonyi: [email protected].
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KURZNACHRICHTEN
• “Auf dem Weg zur Gewaltfreiheit”, so hieß das Motto des Marsches, der gemeinsam vom Church & Peace-Mitglied MIR Italia (italienische Zweig des Internationalen Versöhnungs-bundes) und dem Movimento Nonviolento zwischen Perugia und Assisi am 24.September 2000 organisiert wurde. Vor diesem Marsch wurde anläßlich eines Vortrags die Dekade für eine Kultur der Gewaltfreiheit vorgestellt und das Manifest 2000 der UNESCO zum internationalen Jahr für eine Kultur des Friedens bestätigt.
• Am 7. Oktober 2000 hat der Church & Peace-Mitglied MIR romand (frankophoner schweizerischer Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes) einen Ausbildungstag für Erzieher, Eltern, Schulleiter und andere an der Vorbeugung der Gewalt zwischen Jugendlichen Interessierte organisiert. Der MIR romand, die Internationalen Friedensbrigaden und das Zentrum Martin Luther King bieten Ausbildungsseminare zur gewaltlosen Konfliktbewältigung von September 2000 bis Juni 2001 an.
• Der englische Zweig des Versöhnungsbund gewährleistete im August 2000 eine starke gewaltfreie Präsenz beim christlichen Kunstfestival in Cheltenham in England. Es gab Diskussionsrunden und Seminare zu den Kleinkaliberwaffen in Afrika, zu den gewaltlosen Aktionen gegen Trident-Unterseebote, zum Frieden, zur Wirtschaft und schließlich zur zivilen Intervention in Konfliktgebieten wie dem Kosovo und Nordirland.
• Die Koordinationsgruppe der gewaltfreien Aktion der Arche-Gemeinschaft (CANVA) startet eine Kampagne gegen den Rassismus in den französischen Städten. Das Programm trägt den Namen 'Wischt den Haß von den Mauern unserer Städte' und möchte Rassismus und Gewalt in Frage stellen, indem öffentlich Haßparolen und -graffiti von den Mauern der Städte weggewischt oder übermalt werden und dadurch das Gespräch mit Passanten ange-regt wird. Die Gruppe sieht auch schweigende Mahnwachen vor, um zu unterstreichen, dass sie sich nicht von Haß und Gewalt anstecken lassen will.
Mehr Informationen erhältlich bei CANVA, Arche de Saint-Antoine, F-38160 Saint-Marcellin
• Bücher zum Thema “Gewalt überwinden”
Gewalt Überwinden: Eine Dekade des Ökumenischen Rates der Kirchen, von Margot Kässmann. Erhältlich unter: ÖRK-Publika-tionen, Postfach 2100, CH-1211 Genf 2, Tel: +41 22 791 -6111, Fax: -0361.
Träume einer gewaltfreien Welt. Bibel - Koran - praktische Schritte, mit einem Vorwort von Konrad Raiser. Autor/innen u.a.: Margot Käßmann, Frank Crüsemann, Erich Zenger, Klara Butting, Bas Wielenga, HansMartin Gutmann, Magdalene Frettlöh, Ulrich Duchrow. Erscheint Ende März bei Erev-Rav, Verein für biblische und politische Bildung e.V., 19,80 DM. Vorbestellungen: Tel. & Fax +49 (0)581 77 666, Email: [email protected]
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DEKADE ZUR ÜBERWINDUNG VON GEWALT
• Eröffnung der Dekade
Am Sonntag, 4. Februar 2001 versammelten sich in Berlin über tausend Menschen zur feierlichen Eröffnung der Dekade zur Überwindung von Gewalt. Nach einem Gottes-dienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche fand eine Veranstaltung im “Haus der Kulturen der Welt” statt mit einer anschließenden Lichterprozession zum Brandenburger Tor.
Die Dekade zur Überwindung von Gewalt (DOV) ist her-vorgegangen aus dem leidenschaftlichen Engagement des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Sie ist ein Instrument der Suche nach christlicher Einheit in einer von Konflikten und Gewalt zerrissenen Welt.
Die Dekade ruft die Kirchen und ökumenischen Partner auf, sich allen Formen der Gewalt aktiv zu stellen. Das Gelingen der Dekade wird von den Aktivitäten, die sich in ihr entfalten, abhängen und natürlich auch davon, inwiefern dieses Engagement sichbar wird. Ein erster Schritt des “Sichtbarmachens” ist das “Fest im Foyer” bei der Eröffnungsveranstaltung in Berlin. Exemplarisch sollten sich hier einige Organisationen, Gruppen und Projekte aus dem breiten Themenfeld “Gewalt überwinden” vorstellen, darunter auch Church & Peace.
• ACK begrüßt Dekade
In der Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) am 25./ 26.10.2000 in Augsburg beschlossen die Delegierten der Kirchen, die für die Jahre 2001-2010 vom ORK angeregte Dekade zur Überwindung von Gewalt zu unterstützen. Alle Mitglieds- und Gastkirchen wie auch die regionalen und lokalen ACKs werden gebeten, “die Dekade als einen Raum gegensei-tigen Erfahrungsaustausches, einer vertieften theologischen und ethischen Reflektion und eines tatkräftigen gemeinsamen ökumenischen Handelns zu nutzen.” Der spezifische Beitrag der ACK soll in einer theologischen Studienarbeit zum Themenkomplex “Gewalt - Gewalt überwinden” sowie in einer Beteiligung an der Förderung einer nationalen Vernetzung und Koordinierung bestehen. Die Möglichkeit der Einrichtung einer Info- und Kontaktstelle unter dem Dach der ACK soll geprüft werden. (26.10.2000, Ökumenische Centrale, Frankfurt)
• Als Instrument der Kommunikation über die Dekade wurde eine E-mail-Gruppe gebildet. Unter der E-Mail-Adresse “[email protected]” können sich Interessierte in die Gruppe aufnehmen lassen.
Informationen zur Dekade können im Internet unter
« http://www.wcccoe.org/wcc/dov/index-g.html » oder
« http://www.ekir.de/aktuell » abgerufen werden.
• Die Evangelische Kirche im Rheinland hat das Anliegen der Dekade in der Landessynode 2000 aufgenommen und durch ihren Beschluss “Friedensethische Option und Konzepte zur gewaltfreien Lösung von Konflikten” bekräftigt. Konkret will die Ev. Kirche im Rheinland ihre Beteiligung an Friedens- und Versöhnungsdiensten stärken, gewaltfreie Konfliktbearbeitung fördern und mit Ländern und Kommunen bei der Entwicklung und Umsetzung von Projekten zur Überwindung von Gewalt zusammenarbeiten. Zum Thema der Dekade wird der Rundbrief “Gewalt überwinden” herausgegeben. (16.10.2000, Evangelische Kirche im Rheinland)
• Die Evangelische Akademie Bad Boll bietet 2001 viele Tagungen zur Dekade an. Sie finden das Angebot im Internet unter « www.ev-akademie-boll.de ». Auskunft: Pfarrer Wolfgang Wagner Tel: +49 (0)7164- 79269.
• Eine Arbeitsgruppe Frieden hat sich zur Vorbereitung auf eine Ökumenische Basisversammlung im Jahr 2004 vor der nächsten Vollversammlung des ÖRK gebil-det. Sie wird sich mit den kirchlichen Stellungnahmen zum Kosovokrieg auseinandersetzen und überlegen, ob es notwendig ist, zu den Themenfeldern Pazifismus, Konflikt-bearbeitung und Militär eine neue Stellungnahme auszuarbeiten. Kontaktadresse: Dieter Grande, Schlossstr. 24, D-01067 Dresden, Tel: +49 351 4844-735, Fax: -835 (Ökumenischer Informationsdienst Nr. 2/2000)