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Wahrheitsfindung als Weg zur Versöhnung?

Zur Arbeit der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission, ein Beitrag zur Dekade zur Überwindung von Gewalt (2001-2010), mit einer Einführung von Fernando Enns

Inhalt

Statt eines Vorwortes

Einführung: Fernando Enns

Wahrheitsfindung als Weg zur Versöhnung?

1. Zur Ausgangssituation: Südafrika zwischen Ausnahmezustand und politischem Neubeginn

2. Südafrika im Schatten seiner schrecklichen Vergangenheit

3. Ein Kompromiß als Ausweg: Die Wahrheits- und Versöhnungskommission

4. Grenzen der Versöhnung: Das Problem der Amnestie

5. Hat die Wahrheitskommission ihr Ziel erreicht?

6. Voraussetzungen für den Versöhnungsprozeß

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Statt eines Vorwortes

Karin Chubb und Lutz van Dijk haben in einem Buch Aussagen und persönliche Zeugnisse von Kindern und Jugendlichen vor der Wahrheits- und Versöhnungskommission zusammengetragen. Unzählige Kinder und Jugendliche haben unter dem Apartheidsregime furchtbar gelitten, waren aktiv am Widerstand beteiligt, wurden verhaftet und gefoltert. Noch heute leiden hunderttausende unter den Folgen ihrer verlorenen Kindheit, unter traumatischen Erfahrungen und dem Verlust von Freunden und Angehörigen.

Unterschiedliche Erfahrungen von Gewalt und ihren Folgen, wie sie Riefaat Hattas und Gillian Schermbrucker erleben mußten, seien diesem Beitrag vorangestellt:

Riefaat Hattas, geboren 1968 in Kapstadt, beteiligte sich als Jugendlicher an Schulboykottaktionen im “farbigen“ Stadtteil Manenberg in Kapstadt. Vor der Wahrheits- und Versöhnungskommission berichtet er:

[...] Viele haben sich nie vorstellen können, welchem Psycho-Stress und welchen Traumata wir ausgesetzt waren. Viele Kameraden mussten sich verstecken, andere waren im Exil, weit weg von ihren Familien und Freunden, aber die meisten von uns blieben hier. Diejenigen von uns, die von der Geheimpolizei gesucht wurden, gingen durch einen Alptraum, einen Alptraum, so schrecklich ...

Das zerstörte unser Leben. Niemals hatten wir uns im Alter von 15, 16, 17 und 18 vorgestellt, dass wir wegrennen müssten vor der Polizei, zu - wie wir dachten - sicheren Häusern, nur um dort wieder auf andere Polizisten zu stoßen. Wir drohten verrückt zu werden durch all diese Gedanken an Gefangenschaft, Folter, Verstümmelung und selbst Ermordung durch die Hände der Geheimpolizei. Niemals konnten wir sicher sein, ob wir unsere Eltern, Brüder und Schwestern jemals wiedersehen würden. Eine Sache war sicher: Wir waren keine Teenager mehr. Wir alterten 10-15 Jahre in Monaten [...]

Viele von uns wurden von der Geheimpolizei gefangen genommen. In der Haft wurden wir verhört, gefoltert, verstümmelt, verletzt und fortwährend gequält. Nach solchen schrecklichen Erlebnissen litten wir an nervösen Zuständen, wir alle wurden zu nervösen Wracks. Wir konnten nicht mehr normal am Unterricht teilnehmen. Unsere Leben waren zerstört [...] Wenn es nur Menschen gegeben hätte, die uns durch diese Traumata geholfen hätten ...

Gillian Schermbrucker, geboren 1973 in Zimbabwe, wurde am 25. Juli 1993 als zwanzigjährige durch einen Anschlag der Azanian People’s Liberation Army (APLA) in der Kapstädter St. James Kirche lebensgefährlich verletzt.

Einige Jahre später besuchte sie einen der Täter, Gcinikhaya Makoma im Kapstädter Pollsmoor Gefängnis. Von dieser Begegnung erzählt sie u.a.:

[...] Ich glaube, es war auch hart für ihn. Es war das erste Mal, dass er Kontakt mit einem Opfer hatte. Damit konfrontiert zu werden, was Du getan hast, dazu irgendwie ein Verhältnis zu finden ... das wird sicher schwierig sein. Ich erwarte nicht, dass er plötzlich zerknirscht und voller Reue war. Ich möchte nicht zu fromm klingen, aber mein Wunsch für Makoma ist, dass er Frieden mit Gott finden kann. Die Vergebung, die ich ihm freiwillig anbiete, ist bedeutungslos. Ich möchte nicht, dass er leidet oder sonst wie Schaden nimmt wegen dem, was er getan hat. Als ich das Gefängnis verließ, hatte ich den Wunsch, einen Schlüssel zu besitzen und zu ihm sagen zu können: Geh ins Leben, nimm es voll an und mache etwas daraus! Mache gute Sachen jetzt ... und [...] ich denke wirklich, dass er es tun wird ...

ANMERKUNGEN

1. Karin Clubb/Lutz van Dijk: Der Traum von Regenbogen. Nach der Apartheid: Südafrikas Jugend zwischen Wut und Hoffnung, mit e. Vorw. von Erzbischof Desmond Tutu, Hamburg 1999. Die Zitate entstammen folgenden Seiten: Riefaat, 69f and Gillian Schermbrucker, 168f.

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Und die Wahrheit wird euch freimachen

Zu Beginn der Ökumenischen “Dekade zur Überwindung von Gewalt”

Fernando Enns

Südafrika hat für die ökumenische Bewegung in vielerlei Hinsicht eine geradezu paradigmatische Funktion. Sicherlich, gleiche oder ähnliche Entwicklungen hat es auch woanders – manchmal gar in noch krasserer Weise – gegeben. Aber von kaum einem anderen Kontext sind die Probleme in so deutlicher Weise auch benannt und weltweit öffentlich wahrgenommen worden. Südafrikanische Vertreter und Vertreterinnen haben es verstanden, in jeder Situation im Dialog mit anderen Kontexten zu bleiben, um dann den eigenen, genuinen Weg zu gehen. Mahatma Gandhi hat hier bekanntlich seine ersten Erfahrungen mit widerständigem, zivilen Ungehorsam gemacht. Der Kampf gegen Unterdrückung und das Eintreten für Freiheit gewann im Antirassismusprogramm (PCR) des ÖRK vor allem im Zusammenhang mit den Vorgängen in Südafrika an Deutlichkeit – wurde aber auch kritisiert. “Den Namen des ÖRK zu erwähnen hieß, die Wut der Herrschenden auf sich zu ziehen“, so die Erfahrung Nelson Mandelas. Die Gestaltung des Neuaufbruches am Ende der Apartheid durch die einzigartige Einrichtung einer Wahrheits- und Versöhnungskommission, und gleichzeitig der Impuls zu einem “Programm zur Überwindung von Gewalt“, der schließlich zur Entscheidung der Vollversammlung des ÖRK in Harare 1998 führte, eine “Dekade zur Überwindung von Gewalt (2001-2010)“ auszurufen, illustrieren die bleibend enge Verknüpfung des südafrikanischen Kontextes mit der weltweiten ökumenischen Bewegung. Neben ständig wachsender Gewalt liegen neue Herausforderungen vor allem in wirtschaftlicher Gerechtigkeit und Festigung der Demokratie in der globalisierten Welt.

Die ökumenische Bewegung verdankt diesem Kontext entscheidende Einsichten, und umgekehrt ist das Eingebundensein in die weltweite Ökumene für die Vorgänge in Südafrika immer mitbestimmend gewesen. Ich selbst habe – aus einer pazifistisch orientierten, friedenskirchlichen Tradition stammend - während der Diskussionen um das PCR erst die Komplexität der Fragestellung annähernd zu verstehen gelernt, die sich aus dem Zusammenhang von Gewaltlosigkeit und Gerechtigkeit ergibt. Es ist mir seither nicht mehr möglich, Opfern von Gewalt, Unterdrückung und Vergewaltigung – schlicht aufgrund ihrer Ethnizität - mit erhobenem moralischem Zeigefinger auf die jesuanische Forderung eines absoluten Gewaltverzichts zu weisen. Ich habe an Südafrika gelernt, dass trotz bleibendem Bekenntnis zum Weg der Gewaltlosigkeit jede Situation für sich betrachtet werden will, dass es vor allem um das behutsame Hören auf die Opfer geht, nicht um das Be- oder gar Verurteilen aus sicherer Entfernung aufgrund meiner zum Dogma erhobenen Überzeugung. Um so eindrücklicher und ermutigender werden die Zeugnisse der Gewaltfreiheit und der Versöhnungsbereitschaft von Christinnen und Christen, die – trotz allem – an diesem Weg festhalten.

Insofern verspricht es lohnend zu sein, gerade den politischen Versöhnungsprozess in der so fragilen post-Apartheids-Ära nachzeichnend zu verstehen, der entscheidend durch die Wahrheitskommission bestimmt ist. Es kann nicht darum gehen, sich ein verklärtes Bild vorzugaukeln von einer befriedeten Welt, das durch die Realität nicht abgedeckt ist. Davor warnen südafrikanische Freunde selbst: ,alles wird doch sehr fragwürdig, wenn ich manche der Mörder Steve Bikos ungestraft weiß. Wie kann ich da von Versöhnung sprechen?‘ – so hörte ich vor kurzem einen nachdenklichen südafrikanischen Freund. Und laut einer Umfrage sind zwei Drittel aller Südafrikaner der Meinung, die Rassenbeziehungen hätten durch die Kommission “eher Schaden“ erlitten, als die Menschen zur Versöhnung geführt. Führt Wahrheit zu Gerechtigkeit und Versöhnung? Welche Wahrheit? Die Gewalt nimmt ständig zu. Heute ist Südafrika das Land mit der höchsten Vergewaltigungsrate. – Nein, nicht um den einseitigen, verharmlosenden Blick aus der Ferne darf es gehen, sondern um das Wahrnehmen der schwierigen, ungelösten Fragen in Versöhnungsprozessen - bei all den ermutigenden und nachahmenswerten Versuchen dieses Teils der Ökumene. In welchem Verhältnis stehen Wahrheit und Versöhnung, Gerechtigkeit und Freiheit?

Dieser Klärung soll der vorliegende Text dienen: das Verstehen der enormen Herausforderung von Versöhnung anhand eines Modells, das Aufgreifen eines Impulses, sowie dem Willen zum ökumenischen Lernen. Das ist ein Beitrag von und für die weltweite Ökumene und erfüllt somit, was sich die vor uns liegende “Dekade zur Überwindung von Gewalt“ als Ziel und Methode zum Aufbau einer Kultur des Friedens vorgenommen hat: “Die Dekade... wird ein Forum bieten, auf dem Geschichten und Erfahrungen ausgetauscht und Beziehungen hergestellt werden und auf dem wir voneinander lernen können“ – so die Botschaft des Zentralausschusses des ÖRK (1999). Und weiter noch: “Menschen auf der ganzen Welt warten ungeduldig und sehnsüchtig darauf, dass Christen und Christinnen werden, was sie sind: Kinder Gottes, die die Botschaft von Liebe, Frieden in Gerechtigkeit und Versöhnung verkörpern.“

ANMERKUNGEN

1. Vgl. die Rede Mandelas auf der VV des ÖRK 1998 in Harare, Der Traum von einer afrikanischen Renaissance, in: Junge Kirche 1/99, 13ff. Mandela fährt fort: “Ihre (sic. des ÖRK) Unterstützung hat auf die denkbar konkreteste Weise den Beitrag deutlich gemacht, den Religion zu unserer Befreiung geleistet hat.” Ebd.

2. Vgl. Fischer Weltalmanach 2000, 758.

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Wahrheitsfindung als Weg zur Versöhnung ?

Zur Arbeit der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission

Christian Hohmann

Am 29. Oktober 1998 überreichte Erzbischof Desmond Tutu Präsident Nelson Mandela den vorläufigen Abschlußbericht der Kommission für Wahrheit und Versöhnung.

Drei Jahre lang hatte diese Kommission versucht, die unzähligen Menschenrechtsverletzungen während der Apartheid zu untersuchen, ihre Hintergründe aufzudecken und die Wahrheit über Folter und Mord ans Licht zu bringen. Das Ziel dieser Wahrheitsfindung bestand darin, einen Versöhnungsprozeß in Gang zu bringen, der die zutiefst gespaltene südafrikanische Gesellschaft aussöhnen und zur Förderung der nationalen Einheit beitragen sollte.

Sicher ein ehrgeiziger Versuch angesichts des Ausmaßes der Verbrechen während der Apartheidszeit, der in dieser Form bisher weltweit ohne Beispiel ist. Noch ist es zu früh, abschließend beurteilen zu wollen, ob der Auftrag der Kommission, durch Wahrheitsfindung Versöhnung zu ermöglichen, gelungen ist.

Dennoch soll im folgenden wenigstens ansatzweise eine Bewertung der Arbeit der Wahrheits- und Versöhnungskommission versucht werden. Dazu gehört auch die Frage, wieweit die Erfahrung dieser Kommission auf andere Situationen übertragen werden kann. Wieweit sie Modellcharakter haben kann in Ländern, die sich einer vergleichbar belasteten Vergangenheit zu stellen haben?

Um das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen und die politischen Hintergründe der Apartheidsära zumindest in Ansätzen einschätzen zu können, beschreibt der erste Abschnitt die gesellschaftspolitische Ausgangssituation im Vorfeld der Wahrheitskommission. Der zweite Abschnitt vertieft die Frage nach dem Umgang mit der Hypothek der Apartheidsverbrechen in der Phase des politischen Umbruchs nach den ersten demokratischen Wahlen im April 1994.

Die Zielsetzung und Rahmenbedingungen der Wahrheitskommission sind das Thema des dritten Abschnitts, wobei die Amnestiefrage im folgenden Abschnitt eigens behandelt wird. Schließlich ist im fünften Abschnitt nach dem Verlauf der dreijährigen Kommissionsarbeit zu fragen und nach den Aufgaben und Prozessen, die nun als Nacharbeit der Kommission anstehen und insbesondere die seelsorger-liche und theologische Kompetenz der Kirchen und Religionsgemeinschaften herausfordern. Der letzte Abschnitt reflektiert die Erfahrungen der Wahrheits- und Versöhnungskommission unter pastoralen und theologischen Gesichtspunkten.

1. Zur Ausgangssituation: Südafrika zwischen Ausnahmezustand und

politischem Neubeginn

Ende der achtziger Jahre hatte sich die Lage in Südafrika dramatisch zugespitzt. Der Widerstand gegen das Apartheidsregime nahm an Schärfe zu, ohne daß ein Sturz der Regierung durch die schwarzafrikanische Bevölkerungsmehrheit in absehbarer Zeit zu erwarten gewesen wäre. Das Regime selbst versuchte mit immer neuen und brutaleren Repressalien den Widerstand in Schach zu halten und die schwarzafrikanische Bevölkerung politisch zu spalten. International geriet Südafrika zusehends in die politische Isolation.

Seit mittlerweile mehr als 300 Jahren stand nun Südafrika unter dem Diktat und der unumschränkten Vorherrschaft einer weißen Minderheit ehemals europäischer Einwanderer und ihrer Nachfahren. Diese weiße Minderheit kämpfte je länger umso verbissener darum, sich die auf Kosten der schwarzafrikanischen Bevölkerung erlangten Privilegien - die politische Führungsrolle und den Zugriff auf die ökonomischen und materiellen Ressourcen Südafrikas - zu sichern und diese den Bedürfnissen der schwarzafrikanischen Mehrheit zu entziehen.

Das dazu notwendige politische Konzept hieß Rassentrennung: “Apartheid“.

In einem allmählichen Prozeß war dieses Konzept von den afrikaanssprachigen weißen Nachfahren holländischer und deutscher Siedler und schließlich auch von der englischen Kolonialregierung entwickelt und realisiert worden.

Seit Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts folgte die konsequente Durchsetzung der Apartheid durch eine wachsende Zahl von Rassengesetzen, besonders seit der Machtübernahme durch die Nationale Partei 1948.

Trotz des wachsenden und bis Anfang der sechziger Jahre noch gewaltfreien Protestes verschiedener Oppositionsparteien, darunter der 1912 gegründete African National Congress (ANC), glaubte die weiße Minderheit ihre Vorherrschaft in Südafrika für immer sichern und aufrecht erhalten zu können.

Seit 1948 fand die offiziell geltende Apartheidspolitik auch die öffentliche Legitimierung durch die Niederländisch Reformierte Kirche und wurde von ihren Predigern als gottgewollt gut geheißen. Seitens der englischsprachigen Kirchen wurden die Rassengesetze zwar kritisiert, aber Apartheid weithin geduldet. Denn auf die damit verbundenen Privilegien wollten die weißen Mitgliedern dieser Kirchen ungerne verzichten.

Seit Ende der 40iger Jahre zeigte das Apartheidsregime seine schlimmsten Seiten, die mit dem Massaker von Sharpeville 1960 und der blutigen Niederschlagung des Schüleraufstandes von Soweto 1976 das langsame Ende des Rassenstaates am Kap einzuläuten begannen. Die wenigen noch verbliebenen Rechte der schwarz-afrikanischen Bevölkerungsmehrheit wurden in zunehmendem Maße drastisch eingeschränkt, Millionen von Schwarzafrikanern in Reservate zwangsumgesiedelt. Bei diesen sogenannten “Homelands“ handelte es sich um Reservate in teilweise unfruchtbaren und peripheren Regionen Südafrikas. Infolge wiederholter Zwangsumsiedlungen waren diese Reservate bald überbevölkert und boten daher keine ausreichenden Resourcen für eine eigenständige Existenzgrundlage der hierhin verfrachteten Menschen. Daher waren die Familienväter oder -mütter gezwungen, als billige Wanderarbeiter/innen in die städtischen Zentren zurückzukehren und als Minenarbeiter oder Hausangestellte ein Mindestmaß an Lebensunterhalt zu verdienen.

Apartheid bedeutete die Sicherung der uneingeschränkten weißen Vorherrschaft, die ökonomischerseits ein ausreichendes, das heißt erzwungenes Reservoir billiger schwarzer Arbeitskräfte zur Voraussetzung hatte. Apartheid war weniger das Ergebnis einer bestimmten Rassenideologie, als vielmehr und in erster Linie eine der brutalsten Realisierungen eines kapitalistischen Systems, das sich zu keinen sozialen Mindeststandards verpflichtet sah, sondern nur den Interessen einer weißen Minderheit diente. Deswegen wurden auch die Gegner des Regimes als “Kommunisten“ beschimpft und mit unvorstellbarer Härte verfolgt. Der Wert eines Menschenleben zeigte in dieser Zeit einen rapiden Kursverfall, mit entsprechenden Gegenreaktionen auch auf Seiten der unterdrückten schwarzafrikanischen Bevölkerung. Traurige Berühmtheit erlangte hier das “Necklacing“, eine grausame Methode, Menschen, die man verdächtigte als Informanten mit der Polizei oder dem Sicherheitsapparat des Apartheidsregime zusammen zu arbeiten, dadurch umzubringen, in dem man ihnen benzingetränkte Autoreifen um den Hals hängte und anzündete.

1985 verstärkte sich der Widerstand gegen das Apartheidsystem, das nun mit der Verhängung eines totalen Ausnahmezustandes, Polizei und Sicherheitskräften völlig freie Hand gab, jede auch nur verdächtige Person zu verhaften oder auf der Stelle zu erschießen. Tausende von Menschen starben. Selbst Kinder und Jugendliche wanderten zu Tausenden in die bald überfüllten und gefürchteten südafrikanischen Gefängnisse.

Längst wurde Südafrika nicht mehr nur von der Regierung geführt, sondern von einem geheimen Sicherheitsrat, der ein dichtes Netz von Sicherheitsbeamten und Spitzeln über das ganze Land gezogen hatte und dessen Befehlsgewalt in den Händen des damaligen südafrikanischen Präsidenten, Pieter Willem Botha, lag.

Kein Geringerer als er ordnete 1988 im Rahmen einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates den Bombenanschlag auf das Khotso House, den damaligen Sitz des südafrikanischen Kirchenrates in Johannesburg, an. Botha wollte die führenden Leute des südafrikanischen Kirchenrates, die wiederholt öffentlich auf die Verbrechen des südafrikanischen Regimes hingewiesen und seit 1985 weltweite Sanktionen gegen Südafrika gefordert hatten und innerhalb wie außerhalb Südafrikas über vielfache Kontakte verfügten, einschüchtern und zum Schweigen bringen.

Mit dem Wechsel im Präsidentenamt begann 1989 unter der Führung von Frederik Willem de Klerk ein zuweilen zögerlich betriebener und oft undurchsichtiger Reformprozeß. Dieser bewirkte aber fundamentale Veränderungen: als wichtigste Entscheidung die Aufhebung der Apartheidsgesetze, die Wiederzulassung der bisher verbotenen Oppositionsparteien und schließlich die Freilassung Nelson Mandelas am 11. Februar 1990.

Dennoch ging das Morden bis zu den ersten demokratischen Wahlen im Mai 1994 weiter, nach außen hin als sogenannte “Stammeskonflikte“ innerhalb der schwarzafrikanischen Bevölkerung dargestellt. Tatsächlich gab es immer mehr Anzeichen dafür, daß eine sogenannte “dritte Kraft“, gemeint waren Angehörige des Sicherheitsapparates, durch gezielte Attacken und Massaker den Reformprozeß zu stören und zu beeinflussen suchten. Die Rolle de Klerks blieb dabei im Dunklen.

Eine solche schreckliche Erfahrung war das Massaker von Boipathong im Juni 1992. Menschen, die das Massaker überlebt haben, berichteten später, unter den Gesichtsmasken der Mörder auch weiße Haut entdeckt zu haben, ein deutlicher Hinweis auf das Zusammenspiel von weißen und schwarzen Reformgegnern. Diese genossen scheinbar den Schutz der Regierung. Zumindest brauchten sie aber keine strafrechtliche Verfolgung durch die Justizbehörden zu befürchten.

Auch die Ermordung von Chris Hani, dem damaligen Generalsekretär der South African Communist Party (SACP) im April 1993, eines der einflußreichsten Politiker nach Mandela, die ganz Südafrika erschütterte, blieb trotz des schnell identifizierten Attentäters, Clive Derby-Lewis, im Blick auf die Hintermänner zunächst ungeklärt.

2. Südafrika im Schatten seiner schrecklichen Vergangenheit

Diese Hypothek unzähliger, ungeklärter Verbrechen und die Ungewißheit über das Schicksal verschwundener Regimekritiker lag wie ein ungeheurer Schatten über dem Beginn des neuen Südafrikas im Mai 1994. Südafrikas “Seele“ war zutiefst verwundet. Daran änderte auch das Charisma und die Versöhnungsbereitschaft des ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas, Nelson Mandela, nicht allzu viel. Trotz seines unübersehbaren Bemühens, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen im neuen Südafrika zusammenzubringen, stand die Vergangenheit der Apartheidsära wie ein unbewältigter Ballast vor der Zukunft des Landes. Verstärkend wirkten einzelne Interviews von Mitgliedern des früheren Sicherheitsapparates, die inzwischen die Flucht nach vorn angetreten hatten, aus ihrer Anonymität herausgetreten waren und jetzt auf Amnestie hofften. Sie bekannten sich nun öffentlich zu den von ihnen oder ihren Kollegen begangenen Greueltaten, entschuldigten diese aber vielfach mit dem Hinweis darauf, daß sich Südafrika früher in einem Kriegszustand befunden hätte. Darüberhinaus hatten sie in der Vorstellung gelebt, für eine gerechte Sache, nämlich für die Verteidigung christlicher Werte gegen die kommunistische Bedrohung eingetreten zu sein. Viele von ihnen waren treue Anhänger ihrer weißen Gemeinden und dennoch zu unvorstellbaren Grausamkeiten bereit gewesen.

In dieser Situation stellte sich die Frage, mit welchem Mittel konnte jetzt ein nationaler Heilungs- und Versöhnungsprozeß eingeleitet werden, damit der bislang friedlich verlaufene Wandel auch auf Dauer gelingen könnte. Eile war geboten, denn mit dem politischen Wechsel verschwanden zusehends belastende Akten und Unterlagen oder wurden vernichtet, um späteres Beweismaterial von vornherein zu vermeiden.

Manche versuchten die schrecklichen Erfahrungen und die eigene Rolle hierbei schnell zu vergessen: Die damals politisch Verantwortlichen nicht weniger als diejenigen, die in Killerkommandos oder als Folterer in den Gefängnissen Apartheidsgegner ermordet oder mißhandelt hatten.

Viele Einzelschicksale von Opfern blieben nach wie vor ungeklärt und dadurch auch ungesühnt: Wer hatte die Verbrechen angeordnet? Wer führte sie aus? Freigelassene politische Gefangene begegneten mitunter ihren ehemaligen Folterern, zumeist auf lokaler Ebene, zum Beispiel als Mitglieder einer und manchmal auch derselben Kirchengemeinde: eine schwierige Erfahrung letztlich für beide Seiten. Wie sollte man jetzt miteinander umgehen nach allem, was geschehen war?

In dieser Situation wäre es einer Verleugnung der Verbrechen gleichgekommen, wenn man einfach nur zur Versöhnung aufgerufen hätte, um dann zur aktuellen Tagesordnung überzugehen. “Laßt die Vergangenheit vergangen sein“, konnte nicht die Parole für das neue Südafrika sein. Diesen Gedanken hatte Frederik Willem de Klerk vertreten, der als erster öffentlich für Versöhnung eingetreten war, allerdings ohne die notwendigen Konsequenzen zu benennen. Sie hätten nämlich darin bestanden, daß die Weißen ihre wirtschaftliche Macht mit den Schwarzen zu teilen begonnen hätten.

Als Mandela 1990 freigelassen wurde, rief er ebenfalls zur nationalen Versöhnung auf. Doch als jemand, der 27 Jahre im Gefängnis zugebracht hatte, konnte Mandela - im Gegensatz zu de Klerk - dem Konzept der Versöhnung eine neue Glaubwürdigkeit geben. Mandela vertrat zunächst ein sehr weitgehendes Versöhnungskonzept, in dem er ähnlich wie zuvor de Klerk dazu aufrief, die Vergangenheit auf sich beruhen zu lassen. Doch innerhalb des ANC wurden Bedenken laut und die Sorge geäußert, daß es ohne die Aufdeckung der Vergangenheit keine echte Versöhnung geben könne.

Denn es zeigt sich auch in anderen politischen Zusammenhängen: Was ungeklärt, was unausgesprochen und ungesühnt bleibt, schwelt unter der Oberfläche weiter und kann sich schlimmstenfalls als drohende Zeitbombe erweisen, die in der Zukunft unabsehbare Auswirkungen haben kann. Nur wenn die Wunden der Vergangenheit geheilt werden können, kann auch der Aufbau eines neuen demokratischen Staatswesens gelingen. Dazu ist allerdings die Bereitschaft nötig, sich mit der schuldbeladenen Vergangenheit auseinanderzusetzen.

3. Ein Kompromiß als Ausweg: Die Wahrheitskommission

Deshalb entstand die Idee einer Wahrheits- und Versöhnungskommission. Sie sollte ein Forum bilden, die Vergangenheit aufzuarbeiten und aufzuklären, was bislang ungeklärt geblieben war.

Die Wahrheitsfindung stand also im Vordergrund, nicht die strafrechtliche Verfolgung. Damit war von Anfang an klar, die Wahrheitskommission hatte nicht die Funktion eines internationalen Gerichtshofes. Der Verdacht einer irgendwie gearteten “Siegerjustiz“ konnte und sollte erst gar nicht aufkommen. Die Wahrheitskommission war vielmehr der erstmalige Versuch eines Landes, sich auf nationaler Ebene unmittelbar nach Beendigung eines Terrorregimes und eines zeitweilig blutig geführten Befreiungskampfes dieser schwerwiegenden Vergangenheit zu stellen und Täter und Opfer in der Wahrheitsfindung zusammenzubringen. Dieser Prozeß sollte alle Verbrechen während der Apartheidsära umfassen.

Das bedeutete eine erste Kompromißbereitschaft: nämlich die ehrliche Aufarbei-tung der Vergangenheit, ohne Rücksicht auf politische Sympathien, auch nicht für die führende Regierungspartei, den African National Congress (ANC), was nach dem mühsam errungenen politischen Wechsel - menschlich gesehen - verständlich gewesen wäre.

Einige hatten später jedoch das Empfinden, die Wahrheitskommission habe sich mit diesem Balance-Akt schwer getan und dazu geneigt, die Terrorakte von seiten der Apartheidsgegner infolge des damaligen Befreiungskampfes relativieren zu wollen. Hingegen seien die Täter seitens des Apartheidsregimes um so härter befragt und angehört worden.

Von Anfang an stellte sich daher die Frage nach der qualitativen Vergleichbarkeit des staatlichen Terrors mit den Gewalttaten seitens des politischen Widerstandes. Mußte das eine nicht als Ursache genannt und das andere als Folge verstanden werden, selbst wenn in beiden Fällen Menschen gefoltert oder ermordert worden waren?

Noch ein weiterer Kompromiß war nötig, damit die Wahrheitskommission überhaupt von allen Seiten als eine offiziell autorisierte Einrichtung anerkannt werden konnte, auch wenn es eine Reihe von Gruppen und Personen gab, die ihr diese Anerkennung bis heute versagt haben.

Dieser Kompromiß bestand in der Möglichkeit der Amnestierung der Täter, wenn sie ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatten und ein politisches Motiv für ihre Verbrechen nachweisen konnten. Der Aspekt der Buße und des Schuldbekennens, die nach christlichem Verständnis den Gedanken der Versöhnung notwendiger-weise umfassen, wurde dabei ausgeklammert; ebenso wie die Bereitschaft - als Konsequenz von Schuldeinsicht und Reue - nun für Gerechtigkeit, insbesondere im ökonomischen Bereich einzutreten:

“Das war der Preis, den wir für den friedlichen Übergang zahlen mußten“, so Erzbischof Desmond Tutu. “Es gab keine Alternative. Ohne Amnestieabmachung hätte es kein neues Südafrika gegeben. Das Land wäre in Flammen aufgegangen...“ Diese Amnestieregelung hatte überhaupt erst die Möglichkeit geschaffen, sich mit der Vergangenheit Südafrikas ausführlich und auf nationaler Ebene zu befassen.

So diente die Wahrheitskommission zwei Zielen, deren psychologische Bedeutung nicht zu unterschätzen war:

- Die Opfer sollten erstmals gehört werden und ihr bislang - erzwungenermaßen - stumm ertragenes Leiden öffentlich äußern können. Denn zur Zeit der Apartheid wäre es gefährlich gewesen, erlittene Unrechtserfahrungen an die Öffentlichkeit zu bringen.

- Die Täter sollten die Möglichkeit bekommen, ihre Taten öffentlich einzugestehen, Reue zu zeigen und um Vergebung zu bitten.

Um als eine solche Plattform wirken zu können, mußte die Versöhnungs-kommission unabhängig sein. Ferner war es für das Gelingen der Wahrheits-kommission wichtig, daß sie von Anfang an die politische Unterstützung der demokratisch gewählten Regierung Südafrikas besaß. Damit zeigte Südafrika eine ganz andere Entwicklung, mit der belasteten Vergangenheit umzugehen, als das benachbarte Namibia.

Nicht weniger wichtig war es, eine von allen Seiten akzeptierte, unumstrittene und integre Persönlichkeit für den Vorsitz dieser Kommission zu finden. Dafür kam letztlich nur einer in Frage: der anglikanische Erzbischof und Friedensnobelpreis-träger Desmond Tutu aus Kapstadt. Tutu war bekannt dafür, daß er nicht nur mutig die frühere Regierung scharf attackiert hatte, sondern auch gegenüber der neuen Regierung wiederholt kritisch Stellung bezog und zugleich immer um Versöhnung und Dialog bemüht war. Das hatte ihm die moralische Autorität und Glaubwürdigkeit eingebracht, die nötig war, um nun im Dezember 1995 den Vorsitz der Wahrheitskommission zu übernehmen. Ursprünglich hatte die Wahrheitskommission 18 Monate Zeit bekommen, um die nötigen Anhörungen Tausender von Menschen durchzuführen und eine nicht geringere Anzahl von Amnestieanträgen durchzuarbeiten. Am Ende sollte sie einen Schlußbericht vorlegen und ihn Präsident Mandela überreichen. Doch der Abschluß der Wahrheitskommission mußte immer wieder verschoben werden. Inzwischen konnte der rund 2.000 Seiten umfassende, in fünf Bänden erschienene, vorläufige Bericht der Kommission erstellt und Ende Oktober 1998 an Präsident Mandela übergeben werden. Die Bearbeitung der Amnestie-Gesuche wurde noch bis Ende 1999 fortgesetzt. Mitte 2000 soll der Bericht des Amnestie-Komitees vorliegen. Erst wenn dieser Prozeß abgeschlossen sein wird, kann die endgültige Fassung des Kommissionsberichts vorgelegt und veröffentlicht werden.

4. Grenzen der Versöhnung: Das Problem der Amnestie

Tatsächlich haben bislang mehr als 7000 Menschen Amnestie beantragt. Von diesen sind 125 tatsächlich amnestiert worden. Das sind weniger als 5 Prozent. 4600 Anträge wurden abgelehnt und weit mehr als 2000 Anträge müssen noch bearbeitet werden. Diese Zahlen zeigen, daß die Verbrechen der Apartheid nicht einfach ungesühnt bleiben. Eugene de Kock, ehemaliger Kommandeur der berüchtigten geheimen Polizeieinheit von Vlakplaas, die zahlreiche Apartheids-gegner auf dem Gewissen hat, ist wegen seiner Beteiligung an unzähligen Greueltaten zu 212 Jahren Gefängnis verurteilt worden.

De Kock war u.a. an den Anschlägen auf das Londoner Hauptquartier des African National Congress 1982, auf die Zentrale des Gewerkschaftsverbandes Cosatu 1987 und auf den Sitz des Südafrikanischen Kirchenrates 1988 beteiligt.

Das Amnestieangebot hat immerhin dazu geführt, daß Menschen aus der Anonymität ihrer Verbrechen herausgetreten sind und sich zu diesen bekannt haben. Andere haben sich beharrlich geweigert, vor der Wahrheitskommission zu erscheinen, wie der frühere südafrikanische Staatspräsident Pieter Willem Botha. Botha mißachtete mehrere Vorladungen der Wahrheitskommission. Er, der während seiner Präsidentschaft in den achtziger Jahren, der schlimmsten Phase des südafrikanischen Apartheidsregimes, politische Gegner auch außerhalb Südafrikas gnadenlos verfolgen ließ, sieht bis heute keinen Grund, sich für irgendetwas entschuldigen zu müssen.

Selbst die geduldigen und behutsamen Bemühungen von Desmond Tutu und auch der respektvolle Umgang Nelson Mandelas mit seinem Vorvorgänger, der den heutigen Präsidenten nie hätte an die Macht kommen lassen, konnten den mittlerweile 82jährigen Botha nicht dazu bewegen, vor der Wahrheitskommission zu erscheinen. Daraufhin mußte sich Botha vor Gericht verantworten. Im August 1998 wurde er “zu einer Geldstrafe von umgerechnet 3000 Mark beziehungsweise zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.“

Das Amnestieproblem zeigt sich noch von einer anderen Seite: Nämlich von den Reaktionen der zuhörenden Opfer oder Angehörigen von Opfern: Für sie ist es besonders schmerzlich zu ertragen, wenn Verbrechen ohne jeden Anschein von Reue und ohne ein Wortes des Bedauerns, fast teilnahmslos von seiten der Täter geschildert werden. Diese Erfahrungen haben teilweise neue Wunden in der ohnehin schon schwer belasteten Psyche der Opfer gerissen. Erschwerend kommt hinzu, daß sich an ihrer bedrückenden sozialen Lage trotz politischer Versprechungen nichts zu ändern scheint.

Viele der Opfer und Angehörigen können einfach nicht fassen, daß trotz des gewaltigen Ausmaßes mancher Verbrechen einzelne Täter Amnestie erhalten haben oder in Zukunft bekommen sollen, weil sie vor der Wahrheitskommission freiwillig ausgesagt haben und politische Motive geltend machen konnten.

5. Hat die Wahrheitskommission ihr Ziel erreicht?

Wie ist heute kurz nach der Beendigung der Arbeit der Wahrheitskommission die Situation in Südafrika zu beurteilen? Hat die Wahrheitskommission einen Durchbruch erzielen können, um Südafrika einen Ausweg aus seinem nationalen Trauma zu weisen?

Die ungeheure soziale Kluft zwischen einer reichen Bevölkerungsminderheit und einer armen Bevölkerungsmehrheit, die nicht mehr mit der Unterscheidung von Schwarz und Weiß völlig deckungsgleich ist, läßt den Versöhnungsprozess auf der Stelle treten. Schon 1985 haben die Theologen des Kairos-Dokumentes mit großem Nachdruck darauf hingewiesen, “daß es ohne Gerechtigkeit keine wahre Versöhnung und keinen echten Frieden geben kann. Jede Form von Frieden oder Versöhnung, die es zuläßt, daß die Sünde von Ungerechtigkeit und Unterdrückung weiterbesteht, bedeutet falschen Frieden und vorgetäuschte Versöhnung.“

Das Bild von der “Regenbogennation“ ist immer noch eher eine Zukunftsvision als schon erkennbare Gegenwart. Die nach Hautfarbe verschiedenen Bevölkerungs-gruppen leben nach wie vor weithin getrennt voneinander. Viele der Opfer und der Angehörigen haben den Tätern von einst vergeben. Andere können nicht vergeben, was passiert ist. Schon gar nicht denen, die überhaupt keine Reue und Schuldeinsicht zeigen.

Trotz dieser Einschränkungen fand die Arbeit der Wahrheitskommission immerhin soviel Anerkennung, daß noch im September 1997 eine viermonatige Verlängerung beschlossen wurde bis zum Juli 1998. Auch die Zahl der Kommissionsmitglieder war 1997 von sieben auf neunzehn erhöht worden, um in sechs verschiedenen Orten Südafrikas Anhörungen gleichzeitig durchführen zu können.

Die Tatsache, daß es noch immer Opfer und Täter gibt, die inzwischen wohl vergeblich auf eine Anhörung warten, weil die Wahrheitskommission bis Ende Oktober 1998 ihren vorläufigen Abschlußbericht vorlegen mußte, zeigt, daß die Wahrheitskommission ihr Ziel in den vergangenen zweieinhalb Jahren nur bedingt erreicht hat bzw. noch in der Nacharbeit erreichen wird. Die Suche nach Wahrheit und Versöhnung sollte die gespaltene Nation zusammenbringen und zu einer nationalen Versöhnung führen. Dies konnte nur ansatzweise gelingen. Dennoch, Opfer und deren Angehörige hatten erstmals Gelegenheit, öffentlich über ihr Leiden und die schrecklichen Erfahrungen während der Apartheidszeit zu berichten. Sie fanden endlich eine moralische Anerkennung und mußten nicht länger schweigen und neue Repressalien fürchten:

“Man war einerseits überwältigt vom Ausmaß des Bösen, aber andererseits auch überwältigt vom Großmut der sogenannten kleinen Leute. Sie haben eine Stimme bekommen.“ So das Resümee von Erzbischof Tutu.

Infolge der Wahrheitskommission kamen immer mehr Taten ans Licht. Schlimme Verdachtsmomente bewahrheiteten sich. Vieles, was man bislang an Greueltaten nur vermutet hatte, bestätigte sich nun auf vielfache Weise. Aber auch neue Tatsachen kamen ans Licht. Zum Beispiel, daß südafrikanische Chemiker nach Substanzen geforscht hatten, mit denen Schwarzafrikaner unfruchtbar oder kampfunfähig gemacht werden sollten.

Unvorstellbare Grausamkeiten und Verbrechen traten zutage und ließen den Zuhörenden zuweilen den Atem stocken. Manche Zeugen brachen während ihrer Aussagen weinend zusammen, auch Erzbischof Tutu zeigte sich wiederholt zutiefst erschüttert von den nicht enden wollenden Schilderungen von Mord und Folter.

Nach allen diesen öffentlichen Anhörungen an verschiedenen Orten Südafrikas gleichzeitig, kann nun niemand mehr behaupten, die Greuel, die im Namen des südafrikanischen Apartheidsregime begannen wurden, seien bloße Unterstellungen, Lügen oder frei erfunden. Die Wahrheitskommission hat bestätigt, daß Südafrika ein “Mordland“ war, wie es im deutschen Untertitel des schonunglos erzählenden Buches von Rian Malan Mein Verräter Herz treffend heißt und wie es durch Malan’s Berichte und Recherchen mehrfach dokumentiert wird.

“Jetzt weiß Südafrika, was wirklich passiert ist. Das ist heilend, genauso wie das Auffinden von Menschen, die umgebracht und irgendwo verscharrt wurden. Durch die Aussagen der Täter konnten wir viele finden und exhumieren, damit ihre Angehörigen sie würdevoll bestatten können. Diese Angehörigen wissen jetzt, was mit ihren Lieben geschehen ist, und das erleichtert die Situation für sie.“, so Desmond Tutu.

Aber auch die Taten, die von den damaligen Apartheidsgegnern, z.B. von Umkhonto we Sizwe, dem militärischen Arm des ANC, verübt worden waren, kamen nun ans Tageslicht:

Besonders brisant war der Fall von Winnie Mandela, der früheren Frau des heutigen südafrikanischen Staatspräsidenten. Schon einige Jahre vor dem politischen Wechsel am Kap erschienen Berichte, in denen der Verdacht geäußert wurde, sie sei an der Ermordung des 14jährigen Stompie Seipei und des Arztes Abu-Baker Asvat vermutlich beteiligt gewesen. Vor der Wahrheitskommission wurden mehrere Anschuldigungen gegen sie vorgebracht und durch zahlreiche Zeugenaussagen zu einem großen Teil bestätigt. Doch Winnie Mandela reagierte ungehalten auf diese Vorwürfe und bestritt deren Berechtigung: kein Zeichen von Reue und keine überzeugende Reaktion, als sie mehrfach gebeten wurde, zuletzt von ihrem langjährigen Mitstreiter im Kampf gegen das Apartheidsregime und keinem geringeren als Erzbischof Tutu, doch ein Zeichen von Versöhnungs-bereitschaft zu geben und um Vergebung zu bitten. Die Angehörigen des 14jährigen Stompie waren bitter enttäuscht.

In diesem aber auch in einigen anderen Fällen hat die Wahrheitskommission nicht die ganze Wahrheit ans Licht bringen können. Und manche der Angehörigen waren oder sind nicht bereit zu akzeptieren, daß geständige Mörder in einzelnen Fällen gemäß der Prinzipien der Wahrheitskommission ohne Strafe oder Vergeltung die Wahrheitskommission wieder verlassen konnten.

Neben der Aufarbeitung der Verbrechen stellt sich seitens der Opfer wiederholt die Frage nach einer Entschädigung. Bei der seit längerem angespannten ökonomi-schen Gesamtlage Südafrikas, die bereits das ehrgeizige Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramm scheitern ließ, ist nur eine geringfügige Entschädigung zu erwarten. Eher eine symbolische Geste als eine tatsächlich materielle Hilfe. Immerhin sollen mindestens 22.000 Menschen eine solche Zuwendung erhalten. In diesem Zusammenhang sind die Initiativen beachtenswert, die für Südafrika einen Erlaß der Apartheidsschulden fordern.

Die Arbeit der Wahrheitskommission wird heute in Südafrika ganz unterschiedlich beurteilt. Immerhin hat sie sich als ein geeignetes Instrument erwiesen, das ganze Ausmaß der Apartheidsverbrechen ans Licht zu bringen, um damit auf nationaler Ebene zu einer umfassenden Wahrheitsfindung beizutragen. Damit ist ein Ansatz für Versöhnung gegeben, der alleine aber sicher nicht ausreicht.

Denn der Weg zu einer nationalen Versöhnung scheint noch weit zu sein. Er braucht zusätzliche Wege und Maßnahmen, um ein seelisch und materiell tief verwundetes Land wieder aufzubauen, um den Haß und das Mißtrauen zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen abzubauen und um Heilungs- und Versöhnungsprozesse einzuleiten.

Weil die überwiegende Bevölkerung Südafrikas vom christlichen Glauben geprägt ist, kommt es jetzt darauf an, daß die Kirchen sich an der Wahrheitsfindung beteiligen, vor allem dann, wenn sie durch ihre teilweise offenkundige Unter-stützung der Apartheidsideologie oder auch nur durch Schweigen und stillschwei-gendes Gewährenlassen das Unrecht des Apartheidsregimes entweder legitimiert oder zumindest nicht verhindert haben.

Um ihre Glaubwürdigkeit gerade im Blick auf die gegenwärtigen Herausfor-derungen wiederzugewinnen, ist es wichtig, daß die Kirchen ihre jeweils eigene Rolle und Verantwortung in der Apartheidsära erkennen und öffentlich auch eingestehen können Dazu gehört auch die kritische Reflexion ihrer Theologie und Predigten, die nicht verhindert haben, daß Menschen, die sich als bewußte Christen verstehen, in den Gefängnissen und im Polizei- und Sicherheitsapparat zu solch unvorstellbaren Verbrechen in der Lage gewesen ist, in der vermeintlichen Absicht, damit für die Kirche und den christlichen Glauben etwas Gutes zu tun.

Darüberhinaus kommt nun den Kirchen vermehrt die Aufgabe zu, den jetzt notwendigen Versöhnungs- und Heilungsprozeß innerhalb der südafrikanischen Gesellschaft zu fördern und zu begleiten. Einige Kirchen bzw. kirchliche Gruppen haben schon damit begonnen, Seminare abzuhalten, in denen sich z.B. Opfer und Täter begegnen können. Oder sie bauen Selbsthilfegruppen mit auf, in denen sich Opfer oder deren Angehörige untereinander aussprechen und darin die Kraft finden können, mit ihren teilweise traumatischen Erfahrungen zurecht zu kommen.

Südafrika benötigt dazu das Engagement von freiwilligen Kräften in Südafrika, das heißt unabhängigen Personen, die das Vertrauen der verschiedenen Seiten genießen und durch ihre Präsenz einen Raum bieten können, um die Erfahrungen mit der Vergangenheit aufzuarbeiten und einen Weg in eine weniger belastete Zukunft ermöglichen zu helfen.

6. Voraussetzungen für den Versöhnungsprozeß

Versöhnung ist ein Prozess, der viel Zeit braucht. Die Ausgangssituationen sind jeweils sehr verschieden: Menschen, die noch unmittelbar unter dem Eindruck schlimmer Kriegserfahrungen und Greueltaten stehen, sind zumeist schwer traumatisiert. Sie leiden nicht nur unter dem Verlust von Angehörigen, eigenen Schreckenserfahrungen und gesundheitlichen Beschwerden. Sie leiden nicht weniger unter der scheinbaren Folgenlosigkeit, die die Verbrechen für die Täter bislang haben, das heißt nicht nur unter dem Verlust, sondern auch unter dem unerklärlichen Warum solcher Verbrechen. Sie haben oftmals weder die innere Kraft, noch die notwendige Klarheit über die geschehenen Verbrechen und ihre Hintergründe, um überhaupt über Versöhnung sprechen zu können oder sich auf einen möglichen Versöhnungsprozeß einzulassen.

Versöhnung setzt Wahrheitsfindung voraus. Aufarbeitung dessen, was geschehen ist. Nur dann kann ein innerer Heilungsprozeß einsetzen: “Dinge, die im Unter-bewußtsein da sind, müssen bewußt gemacht werden. Opfer und Täter müssen sich begegnen und ihre Lebensgeschichte aussprechen...“, so die Erfahrung des südafrikanischen Theologen Wolfram Kistner. Dazu gehört auch die Gewißheit über den Verbleib und das Schicksal vermißter oder getöteter Angehöriger. Versöhnung braucht die Chance, das Furchtbare, das erlebt wurde, mitteilen zu können und zwar in einem angstfreien Raum, ohne Furcht vor Repressalien und neuen Racheakten durch die Täter und ihre Hintermänner.

Versöhnung verlangt von den Tätern nicht nur die Aufhellung bislang ungeklärter Verbrechen und das Eingeständnis, daß und wie etwas geschehen ist, sondern auch Schuldeinsicht und glaubwürdige Reue, ohne die eine echte und tatsächliche Versöhnung nicht möglich ist. Wer sich darauf beschränkt, die vergangenen Greueltaten in scheinbar teilnahmsloser und sachlich vorgetragener Bilanz zu schildern und die Verantwortung dafür von sich wegschiebt auf übergeordnete Instanzen und Befehlsgeber, belastet und verletzt die Menschen auf der Opferseite erneut - trotz der nun gewonnenen Gewißheit über das Geschehene.

Aber auch die Täter bleiben in diesem Fall, ob sie es wollen, ob es ihnen bewußt ist oder nicht, letztlich Gefangene ihrer Taten und sind unfähig, in einer veränderten Situation ihre neue Rolle zu finden. Die Vergangenheit wird sie einholen, spätestens dann, wenn die Opfer und ihre Angehörigen sie mit ihrer schuldhaften Vergangenheit konfrontieren. Und selbst, wenn sie sich zu ihren Verbrechen bekennen, werden sie mit den Folgen dieser Taten leben müssen.

Das räumt der frühere Kommandeur der geheimen Operationsbasis Vlakplaas, Dirk Coetzee, heute ein, der bereits 1989 folgende Einzelheiten zu Protokoll gegeben hatte: “die Existenz staatlicher Killerkommandos, die Stromstöße und die nassen Säcke, mit denen Beamte Geständnisse erpreßten, die Biergelage, mit denen die Mörder sich die Zeit vertrieben, während neben ihnen die Leichen ihrer Opfer brannten.“ Coetzee war bei diesen nächtlichen Greueln dabei und empfindet heute: “Und doch werde ich diese Leichen bis an den Rest meiner Tage mit mir herumschleppen müssen.“

Daß überhaupt ein solcher Versöhnungsprozeß in Gang gesetzt wird und gelingt, erfordert bestimmte Rahmenbedingungen, wie z.B. eine unabhängig fungierende, aber offiziell autorisierte und anerkannte Wahrheitskommission. Nicht weniger verlangt er eine klare Zielsetzung: im Falle der Wahrheitskommission die vollständige Aufarbeitung von brutalen Geheimoperationen, Anschlägen und Massakern. Natürlich zählt dazu auch die Bereitschaft, entsprechende politische Konsequenzen zu ziehen, damit sich das grauenvolle Geschehen nicht wiederholt.

Nach menschlichem Ermessen sind der menschlichen Suche nach Wahrheit und dem Bemühen um Versöhnung Grenzen gesetzt. Versöhnung ist nicht denkbar ohne den Glauben an das versöhnende Handeln Gottes und ohne das Kreuz als Symbol dieser Versöhnung. Hier stellt Gott seine Gerechtigkeit wieder her. Eine Gerechtigkeit, die nicht der Logik menschlichen Rechtsempfindens folgt und die dennoch immer wieder Menschen ermutigt hat, selber zu vergeben, statt sich in der Suche nach einer vermeintlich ausgleichenden Gerechtigkeit oder einer gerechter Bestrafung zu verlieren. Versöhnung bleibt daher etwas Unverfügbares. Zugleich führt sie zu gerechtem Handeln aus der Erkenntnis der Schuldeinsicht und erfahrenen Vergebung. Diesen Zusammenhang betont auch Wolfram Kistner:

“In Christus hat Gott die Welt versöhnt, unabhängig davon, ob die Menschen von dieser Versöhnung wissen und sie annehmen. [...] Die Universalität der Versöhnung Gottes in Christus verpflichtet Christen dazu, Strukturen in Kirche und Gesellschaft zu bekämpfen und zu zerstören, die sich Gottes gutem Willen entgegenstellen.“

Wenn sich Menschen diesem Versöhnungsprozeß verweigern, dann sind sie letztlich dazu verurteilt, “die Konflikte der Vergangenheit zu wiederholen und gemeinsam unterzugehen, kurz gesagt, wo es keine Versöhnung gibt, gibt es auch keine Gelegenheit zu neuem Leben und einem Neuanfang.“ So die frühere Generalsekretärin des südafrikanischen Kirchenrates, Brigalia Bam. Ihr Fazit: “Das Wichtigste, was wir in Südafrika von der Wahrheitskommission gelernt haben, ist, daß Versöhnung kein Luxus ist, für oder gegen den Nationen sich entscheiden können.“

Das heißt aber, daß alle Südafrikanerinnen und Südafrikaner sich diesem Versöhnungsprozeß stellen müssen, auch jene große Zahl der Weißen, die ihre Mitverantwortung für die Verbrechen der Apartheid noch immer nicht sehen wollen, obwohl sie jahrzehntelang von diesem System profitiert hatten und auch heute noch zu den ökonomisch Starken zählen. Falls dies nicht geschieht, sieht Yazir Henry, früherer Guerillakämpfer innerhalb von Umkhonto weSizwe, die gemeinsame Zukunft in Südafrika ernsthaft gefährdet:

Zwanzigtausend Leute, die vor der TRC ausgesagt haben, können nicht die Verantwortung tragen für die Heilung von 45 Millionen Menschen. Wir alle müssen das tun. Die TRC hat einen Raum geschaffen für Leute, in dem sie ihr Leid mitteilen konnten. Aber zur Heilung muss jetzt jeder von uns beitragen.

Apartheid hat einen Einfluss auf jeden gehabt. Wenn wir alle einen neuen Krieg vermeiden wollen, ein Bosnien, dann müssen wir alle Verantwortung tragen. Das Problem ist: Die Weißen insgesamt sehen keine Notwendigkeit dafür. Für sie ist alles in Ordnung . Sie beklagen sich am meisten, und sie kommen am besten weg im Prozeß der versöhnung. Sie haben alles, ökonomisch, sozial, politisch, und sie sehen es nicht. Sie haben Macht und Fähigkeiten - aber sie huldigen weiter jener Kultur der umfassenden Ansprüche [...] Wenn wir uns nicht ändern, werden wir in einen neuen Krieg gehen.

Die südafrikanische Wahrheitskommission hat sicher nicht alle Erwartungen und Hoffnungen, die in sie gesetzt worden waren, erfüllt. Aber sie hat einen drohenden Flächenbrand verhindert, der das neue Südafrika, die vielbeschworene “Regenbogennation“, in kürzester Zeit hätte zunichte machen können - mit unabsehbaren Folgen für alle Bevölkerungsgruppen.

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ANMERKUNGEN

1. Noch ahnte niemand, daß seit geraumer Zeit geheime Gespräche zwischen Mitgliedern des Apartheidsregimes und dem damals prominentesten politischen Gefangenen, Nelson Mandela, stattfanden, die zu einem wesentlichen Teil den politischen Wandel in Südafrika Anfang der neunziger Jahre ermöglicht haben. Vgl. dazu Allister Sparks: Tomorrow is Another Country: The Inside Story of South Africa’s Negotiated Revolution, Wynberg/Sandton 1995.

2. Vgl. Jörg Fisch: Geschichte Südafrikas, München 1991 und Allister Sparks: The Mind of South Africa: The Story of the Rise and Fall of Apartheid, London 1994.

3. Damals hatten Menschen der Schwarzensiedlung Sharpeville südlich von Johannesburg friedlich gegen die verhaßten Paßgesetze demonstriert. Dennoch eröffnete die Polizei das Feuer und tötete 69 Menschen. 180 Menschen wurden verletzt.

4. Vgl. Neue Zürcher Zeitung, 4. Juni 1998, 5.

5. Vgl. Die Sicherheitskräfte, de Klerk und der geheime Krieg. soziale und politische Ursachen und Gewalt in Südafrika, hg. vom Ev. Missionwerk in Deutschland (EMW), Hamburg 1992.

6. Berger, Michele: Chris Hani (The Fought for Freedom), Maskew Miller Longmann, Cape Town 1996.

7. Vgl. Südafrika - die Konflikte der Welt in einem Land. Kirchen - Anwälte für Gerechtigkeit und Versöhnung, mit Beiträgen von Frank Chikane, Margaret Kelly, Wolfram Kistner u.a., ausgewählt u. bearb. von Rudolf Hinz u. Rainer Kiefer, (texte 54), Hamburg 1994.

8. Das berichtete Wolfram Kistner während eines Seminars über Versöhnungsprozesse vom 10.-14. August 1998 in Imshausen bei Breba, veranstaltet vom Oekumenischen Dienst in Wethen.

9. Vgl. Truth and Reconciliation Commission: Truth, the Road to Reconciliation. The Final Report, presented to President Nelson Mandela on 29 October 1998, (Last update: 8 November 1998), gedrukt nach der Fassung unter der Website: www.truth.org.za.

10. Im ARD-Weltspiegel vom 26.7.98.

11. Vgl. dazu die Dokumentation: “Ich möchte, daß sie um Verzeihung bitten”. Täter und Opfer vor der Südafrikas Wahrheitskommission, in: der überblick 3/99, 23-26.

12. In Namibia dagegen besteht von seiten der Regierung unter Staatspräsident Sam Nujoma, dem früheren Präsidenten der namibischen Befreiungsorganisation SWAPO (South-West Africa People’s Organisation), bislang kein erkennbares Interesse an einer für Namibia nicht weniger angezeigten Wahrheitskommission. Nur im namibischen Kirchenrates gibt es Bemühungen, eine solche Kommission einzurichten.

13. Vgl. Neue Zürcher Zeitung, 4. Juni 1998, 5.

14. Ute Jugert, Nach der Wahrheit die Versöhnung?, in: ai-journal, Heft 11/1998, 9.

15. Vgl. dazu den Beitrag von Gaye Davis: Zerstrittene Versöhner. Die Wahrheits- und Versöhnungskommission war ein Spiegelbild der gespaltenen Gesellschaft Südafrikas, in: der überblick 3/99, 27-31 und con Charles Villa-Vincencio: Wie viele der Verstockten kann man bestrafen, in: a.a.O., 32-33.

16. Das KAIROS Dokument..., in: Christen im Widerstand. Die Diskussion um das südafrikanische KAIROS Dokument, ...ausgewählt u. bearb. von Rudolf Hinz u. Frank Kürschner-Pelkmann, texte 40, Stuttgart 1987, 20.

17. Eine vorläufige kritische Zwischenbilanz der bisherigen Entwicklung in Südafrika seit den ersten demokratischen Wahlen im April 1994 zieht Theo Kneifel in einer vom Evangelischen Missionswerk in Deutschland (EMW) und missio herausgegebenen Publikation mit dem Titel: Zwischen Versöhnung und Gerechtigkeit. Der Spagat der Kirchen nach der Apartheid, Hamburg/Aachen 1998.

18. Cape Argus, 19. September 1997.

19. Im ARD-Weltspiegel vom 26.7.98.

20. Vgl. Rian Malan: Mein Verräter Herz. Mordland Südafrika, aus d. Engl. übers., Hamburg 1990.

21. Desmond Tutu in einem Interview mit Stephan Kaussen in: ai-journal, Heft 11/1998, 11.

22. Vgl. dazu: Fred Bridgland: Katizas Reise. Die wahre Geschichte der Winnie Mandela, mit e. Vorw. von Emma Nicholson, aus d. Engl. von Karin Balzer u. Grace Pampus, Reinbek bei Hamburg 1997.

23. Vgl. dazu Denise M. Ackermann: Wie Klage Wunden heilt. Öffentliches und rituelles Klagen ist zugleich spirituell und politisch, in: der überblick 3/1999, 18-22.

24. “Versöhnung durch Begegnung von Opfern und Tätern”. Wolfram Kistner im Gespräch mit Bettina von Clausewitz, in: Südafrika. Eine Länderinformation der Kindernothilfe vom November 1995, 14.

25. Der Spiegel 24/1998, 156.

26. ebd.

27. Die Arbeit der Abteilung Gerechtigkeit und Versöhnung, in: Wolfram Kistner, Hoffnung in der Krise, Wuppertal 1988, 140.

28. Yazir Henry, zitiert nach Karin Chubb/Lutz van Dijk: Der Traum vom Regenbogen, 201f.

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AUTOR

Christian Hohmann wurde am 14.9.1964 in Moers/Niederrhein geboren. Nach seinem Theologiestudium in Wuppertal, Bonn und Bochum arbeitete er als Vikar in Elberfeld-Nord und später als Assistent an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal. 1994 wurde er zum Pastor ordiniert. Seit Oktober 1996 ist er als Geschäftsführer von Church and Peace tätig und gleichzeitig Synodalbeauftragter für Friedensarbeit und für Ökumene und Weltmission im Kirchenkreis Braunfels/Hessen.

Seit 1993 besuchte er mehrmals das südliche Afrika und befaßt sich mit dem Verhältnis weißer und schwarzer lutherischer Kirchen in Südafrika während der Apartheidszeit. Christian Hohmann ist Mitglied im ständigen Ausschuß für öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche im Rheinland.